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Die soziale Konstruktion von Behinderung durch frühkindliche ...

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5. Entwicklungspsychologie<br />

<strong>Die</strong> Wechselwirkungen zwischen Individuum und Umwelt zeigen sich in der<br />

Interaktion zwischen Kind und Mutter und Dialoge beginnen bereits vor der Geburt. <strong>Die</strong><br />

Bewegungsmuster, die erstmals um die 10. Embryonalwoche und dann verfeinert <strong>durch</strong><br />

höhere Hirnstrukturen um die 22. Woche erneut auftreten, verursachen Kontraktionen<br />

der Uteruswand und passen sich an diese an (vgl. Jantzen, 1987, S. 182; 2004a, S. 282).<br />

Schon bald nach der Geburt ist das Kind in der Lage so komplexe Zusammenhänge wie<br />

Emotion und Motive der Bezugsperson zu erkennen und darüber in Kommunikation zu<br />

treten. Im zweiten Monat beginnt das Kind das menschliche Gesicht des Gegenübers<br />

visuell wahrzunehmen. Über die zeitliche Struktur des Dialogs beginnt es Belebtes <strong>von</strong><br />

Unbelebtem zu unterscheiden. <strong>Die</strong> reziproken Rückkopplungsprozesse mit einer<br />

Bezugsperson führen zu Sicherheit und Bindung und ermöglichen die weitere<br />

psychische Entwicklung (ebda. 2004a). WALLON betont die Bedeutung der<br />

Emotionen, die diese auf den ersten Stufen der Entwicklung haben. Neben<br />

Wahrnehmungen und tonischer Muskelaktivität spielen sie die wichtigste Rolle bei der<br />

Kontaktaufnahme mit der Umwelt (vgl. Servet, 1999). Emotionaler Austausch kann als<br />

Grundlage für das Entstehen höherer Bewusstseinsgrade gesehen werden. Auch<br />

VYGOTSKIJ (2001) schreibt den Emotionen strukturbildende Funktionen zu, sie<br />

öffnen und schließen das Gehirn. Früher emotional abgesicherter Dialog mit einem<br />

freundlichen Begleiter bewirkt somit die Öffnung des Gehirns für die weitere<br />

Entwicklung des Kindes (vgl. Jantzen, 2004a, S. 283).<br />

5.1 Das Intrinsische Motivsystem und die Grundlagen für <strong>soziale</strong> Interaktion<br />

<strong>Die</strong> Voraussetzungen dafür, dass ein Kind sein Grundbedürfnis nach emotionalem und<br />

dialogischem Austausch nach der Geburt ausdrücken kann, werden bereits zwischen der<br />

5. und 8. Embryonalwoche gelegt. <strong>Die</strong> Neurowissenschaftler TREVARTHEN und<br />

AITKEN (1997, 2001) gehen da<strong>von</strong> aus, dass zu diesem Zeitpunkt bereits auf der<br />

untersten Ebene sich integrierender Stammhirnfunktionen ein intrinsisches Motivsystem<br />

(„Intrinsic Motive Formation“ IMF) entsteht. Sie beschreiben das IMF als eine Art<br />

Regulator, der Motive und Emotionen generiert, so dass sich zwischenmenschlicher<br />

Kontakt als Bedürfnis ausdrückt und Bindungen eingegangen werden können<br />

(Trevarthen/ Aitken, 1997).<br />

Sie postulieren, dass das neugeborene Kind auf der Grundlage des IMF bereits zum<br />

Zeitpunkt der Geburt in der Lage ist, mit den expressiven Emotionen des freundlichen<br />

Begleiters zu kooperieren, wobei in einer wechselseitigen Führung die Hirnentwicklung<br />

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