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Die soziale Konstruktion von Behinderung durch frühkindliche ...

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wurde. Der genaue zeitliche Rahmen und die Ursachen sind nicht mehr<br />

nachzuvollziehen, möglicherweise sollte er daran gehindert werden, sich zu viel zu<br />

bewegen, was das Füttern erschwert hätte, oder gar das Bett zu verlassen. <strong>Die</strong>se<br />

Vermutungen legen nahe, dass die halbseitige Beeinträchtigung weder seit der Geburt<br />

bestand noch <strong>von</strong> der Hirnhautentzündung hervorgerufen wurde, da Marian scheinbar<br />

aufgrund seiner uneingeschränkten Bewegungsfähigkeit ruhig gestellt wurde. Es lässt<br />

sich vermuten, dass Marian seine linke Körperhälfte aufgrund der Fixierung nicht in<br />

sein Körperselbstbild integrieren konnte.<br />

Bezogen auf WALLON gilt die Wahrnehmung des Selbst als zentrale Bedingung für<br />

die Entwicklung der Persönlichkeit. <strong>Die</strong> affektive und kognitive Entwicklung haben für<br />

WALLON ihren Ursprung in den Effekten der muskulären Bewegungen und den<br />

Antworten aus der Umwelt (vgl. Servet). Dabei nimmt die innere Strukturbildung einen<br />

Großteil seiner Erklärung zur Entwicklung des Menschen ein. <strong>Die</strong> Wahrnehmung des<br />

Selbst, das Bewusstsein des eigenen Körpers und die Emotionen spielen eine<br />

wesentliche Rolle (vgl. Bauer, 2001). Das Körperbild (body schema) umfasst die<br />

interozeptive Wahrnehmung (innere Zustände des Körpers) und die propriozeptiven<br />

oder posturalen Empfindungen (Haltung, Gleichgewicht, Stellung der Körperglieder<br />

zueinander). Das Kind beginnt seine Entwicklung in der Einheit zwischen Körper und<br />

Umwelt. Es kann seinen Körper und sein Selbst noch nicht <strong>von</strong> den äußeren Dingen<br />

trennen. Erst die Reflexion der eigenen Bewegungen und deren Auswirkungen auf die<br />

Umwelt, verbunden mit den interozeptiven und propriozeptiven Empfindungen<br />

ermöglichen die Ausbildung eines Körperselbstbildes (vgl. Wallon 1984).<br />

Das Kind entdeckt seine eigenen Körperteile, indem es sie in den Mund gesteckt oder<br />

mit den Händen berührt. Eine Integration der Körperteile findet jedoch erst statt, wenn<br />

diese als Werkzeuge benutzt und als zum eigenen Körper gehörige Teile erkannt<br />

werden. Nach WALLON beginnt die Trennung des eigenen Körpers <strong>von</strong> der Umwelt<br />

um den 10. Monat. Auf der Grundlage einer Art Zwischenraum oder imaginärer<br />

geschützter Hülle, die für das Kind noch nicht die Außenwelt darstellt, entwickelt es<br />

sein Körperselbstbild in immer komplexer werdenden Beziehungen zwischen dem<br />

eigenen Raum und der Umwelt (ebda). Das Körperselbstbild entsteht in einer<br />

wechselseitigen Beeinflussung <strong>von</strong> kinästhetischen Empfindungen und<br />

Sinneseindrücken aus der Umgebung, so dass die Welt beispielsweise in der<br />

Unterscheidung zwischen links und rechts wahrgenommen werden kann. Jedoch bedarf<br />

es dazu der interozeptiven Wahrnehmung der medialen Achse des eigenen Körpers.<br />

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