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Die soziale Konstruktion von Behinderung durch frühkindliche ...

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O´CONNOR und RUTTER fanden heraus, indem sie 111 Kinder, die in Institutionen<br />

aufgewachsen waren und dann nach Großbritannien adoptiert wurden, mit einer Gruppe<br />

<strong>von</strong> 52 Adoptivkindern verglichen, die keine frühen Deprivationserfahrungen gemacht<br />

hatten, dass Bindungsstörungen mit der Dauer der Vernachlässigung positiv korrelieren<br />

(vgl. O´Connor, Bredenkamp, Rutter, 1999). <strong>Die</strong> verfügbaren Ergebnisse zum<br />

Verhalten bei Bindungsstörungen deuten darauf hin, dass das Fehlen einer dauerhaften<br />

responsiven Bezugsperson oder der Möglichkeit eine selektive Bindung einzugehen, die<br />

Grundlagen für die Entwicklung einer solchen Störung sind (ebda, S.24). Mit Bezug auf<br />

BOWLBY wird beschrieben, welchen Stellenwert dieser Aufbau einer selektiven<br />

Bindungsbeziehung hat. So wurden auch bei der Vergleichsgruppe, die keine<br />

schwerwiegende Vernachlässigung erfahren hatte, jedoch ebenfalls keine konsistente<br />

Bindung zu einer Person aufbauen konnte, jene Auffälligkeiten im Verhalten<br />

festgestellt. Nahrungsmangel und Deprivation per se scheinen somit keine primär<br />

kausale Rolle zu spielen, so die Autoren. Ein weiteres Ergebnis dieser und auch der<br />

folgenden Untersuchungen war, dass die Merkmale der Verhaltensauffälligkeiten mit<br />

der Zeit deutlich abnahmen, die Kinder zeigten, je länger sie in der Adoptivfamilie<br />

lebten, linear weniger Probleme. Es wird vermutet, dass diese Verbesserungen nicht nur<br />

auf eine sensible Bezugsperson in der Familie zurückgehen, sondern auch in der<br />

Abwesenheit anderer Deprivationsformen begründet liegen (ebda. S. 23).<br />

RUTTER und seine Kollegen kamen in ihrer Studie zu quasi-autistischen Mustern bei<br />

Kindern mit frühen Deprivationserfahrungen zu ähnlichen Ergebnissen (vgl. Rutter et<br />

al, 1999). Bei beachtlichen 6% einer Gruppe <strong>von</strong> 111 rumänischen Waisenkindern<br />

wurden autismusähnliche Merkmale gefunden, weitere 6% der Kinder zeigten<br />

schwächere und meist isolierte autistische Merkmale 13 (ebda. S. 537). RUTTER<br />

bezeichnet diese Zahl, verglichen mit Zahlen aus generellen Bevölkerungsschichten, als<br />

zu hoch, als dass sie mit einem zufälligen Wert abgetan werden könnte. <strong>Die</strong><br />

Wissenschaftler versuchten das Syndrom, welches diese Kinder zeigten, <strong>von</strong><br />

<strong>frühkindliche</strong>m Autismus zu unterscheiden. Sie fragten weiterhin nach den Gründen für<br />

die quasi-autistischen Merkmale. Alle Kinder mit diesen mehr oder weniger schweren<br />

Merkmalsausprägungen unterschieden sich <strong>von</strong> den anderen rumänischen<br />

13 <strong>Die</strong> Autoren beziehen sich auf „Schlüsselmerkmale derzeit vorherrschender Autismuskonzepte“ ohne<br />

diese näher zu benennen. Sie beschreiben Schwierigkeiten innerhalb <strong>soziale</strong>r Beziehungen und in der<br />

Kommunikation, Probleme beim Eingehen selektiver Freundschaften und in der <strong>soziale</strong>n Reziprozität.<br />

Mangelnde Empathie und das Vermeiden <strong>von</strong> Blickkontakt sowie die Beobachtung ausgeprägter<br />

persönlicher Vorlieben und „Ticks“ bezeichnen RUTTER und Kollegen ebenfalls als autistische oder<br />

autismusähnliche Merkmale (vgl. Rutter et al. 1999, S.539).<br />

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