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Die soziale Konstruktion von Behinderung durch frühkindliche ...

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konstituiert, die der betroffene Mensch seinen stereotypen, selbstverletzenden oder<br />

aggressiven und destruktiven Handlungen zumisst“ (Feuser, 2004, S. 11).<br />

JANTZEN und VON SALZEN (1990) sehen einen Zusammenhang zwischen dem<br />

erstmaligen Auftreten selbstverletzenden Verhaltens und dem Aufbau der ersten<br />

Objektbeziehung. Wie bereits beschrieben, (vgl. 4.3) gilt die Mutter in der<br />

<strong>frühkindliche</strong>n Entwicklung als Vermittler, als „Realisator“ der Umweltbedingungen für<br />

den Aufbau der Tätigkeit des Kindes. Durch die gemeinsame Tätigkeit und den Dialog<br />

wird Sicherheit hergestellt. Es kann eine Bindung aufgebaut werden und das Kind kann<br />

sein Bedürfnis nach Neuigkeit in Form <strong>von</strong> Explorationen befriedigen. In diesem<br />

Prozess werden die ersten Objektbeziehungen aufgebaut, sowohl zu der<br />

gegenständlichen Umwelt als auch zum <strong>soziale</strong>n Umfeld, den Bezugspersonen. Bei<br />

deren Abwesenheit kann es in diesem Zeitraum zu der beschriebenen Acht-Monats-<br />

Angst kommen, die signalisiert, dass das Kind Bekanntes <strong>von</strong> Fremdem zu<br />

unterscheiden gelernt hat. Treten in dieser Phase Störungen auf, kann es demnach nicht<br />

nur zu den dargestellten neurobiologischen und –chemischen Veränderungen kommen<br />

(vgl. 6.1 - 6.4), sondern auch zu so genannten motorischen Stereotypien. Bei einem<br />

Verlust der Bindungsperson können die hierarchisch niederen Bedürfnisse, wie Hunger,<br />

Durst, Angst- und Schmerzfreiheit, meist nicht erfüllt werden, so dass die dominierende<br />

Tätigkeit gehemmt wird. <strong>Die</strong> basalen Bedürfnisse nehmen eine führende Position vor<br />

dem Bedürfnis nach Information und Neuigkeit ein, das Explorationsverhalten wird<br />

eingeschränkt oder erst gar nicht begonnen. <strong>Die</strong> Aneignung und Widerspiegelung <strong>von</strong><br />

Gegenstandsbedeutungen wird auf diese Weise unterbunden und es kommt zu einer<br />

Trennung <strong>von</strong> Sinn und Bedeutung. Infolgedessen kann das Kind spätestens ab der<br />

Stufe der manipulierenden Tätigkeit motorische Stereotypien entwickeln, um diesen<br />

Widerspruch zu überbrücken und den Körper als Ersatz für fehlende Objekte zur<br />

Informationsgewinnung nutzen.<br />

Im Stadium der gegenständlichen Tätigkeit entwickelt das Kind individuelle<br />

Gegenstands- und Werkzeugbedeutungen. Es beginnt sich über die Sprache und die<br />

darauf aufbauende Auseinandersetzung mit der Umwelt als Subjekt zu erkennen. Unter<br />

isolierenden Bedingungen kann der Körper in diesem Entwicklungsstadium als<br />

Werkzeug und damit als Kompensation für fehlende Objektbeziehungen genutzt<br />

werden. Durch die eigene aktive Tätigkeit, nämlich die Manipulation am eigenen<br />

Körper, kann die emotionale Sicherheit wieder hergestellt werden. Es entwickelt sich<br />

eine invariante Gegenstandsbedeutung des eigenen Körpers, auf die bei Bedarf oder in<br />

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