09.10.2013 Aufrufe

Die soziale Konstruktion von Behinderung durch frühkindliche ...

Die soziale Konstruktion von Behinderung durch frühkindliche ...

Die soziale Konstruktion von Behinderung durch frühkindliche ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Die</strong> Entwicklung des sprachlichen Denkens hilft dem Kind <strong>von</strong> der konkreten Vielfalt<br />

der wahrgenommenen Welt zu abstrahieren und die Erscheinungen in ihrer<br />

Wechselwirkung, Ordnung und Gesetzmäßigkeit wahrzunehmen (vgl. ebda.). Marian ist<br />

es demnach mit Hilfe der Sprache möglich, die äußeren Umwelteinflüsse zu<br />

strukturieren und in interne zeitliche Abfolgen einzuordnen. <strong>Die</strong> zeitliche Strukturierung<br />

<strong>durch</strong> die Sprache ermöglicht die Planung und Vorwegnahme des Künftigen und kann<br />

damit das aktuelle Verhalten steuern und kontrollieren. <strong>Die</strong>se Organisation der höheren<br />

psychischen Prozesse und die Möglichkeit darauf vermehrt zurückgreifen zu können,<br />

ersetzen basale Anpassungsprozesse wie die Selbstverletzungen. Das Verhalten wird<br />

auch in den Notsituationen zunehmend bewusster.<br />

Marian eignet sich die Sprache in einem sehr aktiven Prozess an. Deutlich wird die<br />

interpersonelle Kommunikation. Er fordert sein Gegenüber zum aktiven Mit- oder<br />

Vorsprechen auf. Es scheint fast, als könnte man die zunehmende Verinnerlichung<br />

einzelner Bedeutungen anhand der deutlichen Verknüpfung <strong>von</strong> Tätigkeiten, Emotionen<br />

und dem sprachlichen Ausdruck beobachten. Marian spricht in Zwei- bis Drei-Wort-<br />

Sätzen. Häufig drückt er Gedanken, Pläne oder Erinnerungen aus, indem er zwei Worte<br />

sagt, sich an seinen Gesprächspartner wendet und ihn auffordert, den entsprechenden<br />

Satz zu vervollständigen. Marian spricht den Satz dann Wort für Wort nach und<br />

wiederholt ihn schließlich vollständig. Auch einzelne, ihm unbekannte Wörter lässt er in<br />

einzelne Silben aufspalten, über die er sich dann mit Hilfe der Imitation das Wort und<br />

seine Bedeutung aneignet. Meiner Meinung nach bewegt sich Marian sprachlich meist<br />

entlang der konkreten Gegenstände oder Ereignisse. Seine innere Sprache orientiert sich<br />

noch sehr an den äußeren Objekten oder einzelnen Impulsen. <strong>Die</strong> Trennung der inneren<br />

Sprache, des Denkens, <strong>von</strong> äußeren Stimuli stellt den nächsten Schritt dar. Jetzt beginnt<br />

das Denken dem Handeln vorauszugehen und Abstraktionen entstehen. Marian gibt<br />

Hinweise, dass er sich, so meine Einschätzung, auf präoperationalen Phase nach<br />

PIAGET befindet. Er kann <strong>von</strong> den konkreten Gegenständen abstrahieren und beginnt<br />

gedankliche Verknüpfungen herzustellen. <strong>Die</strong> Symbolfunktionen entwickeln sich und<br />

Marian spielt symbolisch. Er spielt mit einer Babypuppe, dem Marian-Baby. Er selbst<br />

befindet sich in der Elternrolle und fragt die Baby-Puppe wie es ihr gehe: „schlecht“,<br />

„geschlagen“, „ganz fest geschlagen“ und „hat Angst“. Marian wirkt bei diesen<br />

Rollenspielen sehr ernst. Inwieweit diese Spiele eine Verarbeitung seiner Vergangenheit<br />

oder seiner Erinnerungen darstellen, kann nur vermutet werden.<br />

Marian spricht <strong>von</strong> sich zumeist in der dritten Person „Marian enttäuscht“, ab und zu<br />

wechselt er in die erste Person, zur Ich-Bezeichnung. In der Sprache scheint die<br />

95

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!