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Die soziale Konstruktion von Behinderung durch frühkindliche ...

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6.2.1 Zur Situation rumänischer Adoptivkinderkinder<br />

Mit dem Bekannt Werden der Missstände in den rumänischen Kinderheimen kam es zu<br />

einem geradezu explosionsartigen Anstieg der Adoptionsanfragen in Rumänien. In<br />

Folge vieler emotional bewegender Medienberichte meldeten sich spontan Ehepaare,<br />

die ein rumänisches Waisenkind adoptieren wollten. Anfang der 90er Jahre reisten viele<br />

Adoptionsbewerber aus den USA, Kanada, Neuseeland, Australien und West-Europa<br />

nach Rumänien, um dort aus einem der vielen Kinderheime ein Not leidendes Kind zu<br />

adoptieren. Im Jahr 1991 wurden beispielsweise 2.594 rumänische Kinder in die USA<br />

adoptiert, nach Kanada zogen zwischen Januar 1990 und April 1991 1.013 Kinder (vgl.<br />

Marcovitch et al., 1995, zit. nach Hoksbergen, 2004, S.37).<br />

<strong>Die</strong> Missstände in den rumänischen Kinderheimen und das Phänomen der zahlreichen<br />

Auslandsadoptionen veranlasste viele Wissenschaftler vor allem die psycho-<strong>soziale</strong>n<br />

Probleme rumänischer Waisenkinder zu untersuchen.<br />

Berichten <strong>von</strong> Adoptiveltern zufolge, leidet der Großteil der rumänischen Kinder zum<br />

Zeitpunkt ihrer Ankunft in der neuen Familie sowohl unter medizinischen als auch unter<br />

psychischen Problemen. RUTTER und seine Kollegen, das so genannte rumänische<br />

Studienteam, stellten bei 59% der untersuchten Kinder (n = 111) schwere<br />

Entwicklungsrückstände aufgrund früher Vernachlässigung fest (vgl. Rutter, 1998).<br />

Hinzu kommen häufig Ess- und Schlafprobleme, extreme Ängste,<br />

Lärmüberempfindlichkeit, relative Schmerzunempfindlichkeit sowie<br />

Bindungsstörungen, stereotypes Verhalten, Selbstverletzungen und „semi-autistische<br />

Verhaltensweisen“, die auch in anderen Studien und Untersuchungen bestätigt werden<br />

(vgl. O´Connor, Bredenkamp, Rutter, 1999; Chugani, Behen, Muzik, Juhász, Nagy,<br />

Chugani, 2001; Hoksbergen, 2004).<br />

An dieser Stelle soll kurz auf die Ergebnisse einiger der oben genannten<br />

Untersuchungen eingegangen werden. Zu einem Ergebnis kamen die Studien einhellig:<br />

das Ausmaß der Zeit, welches die Kinder in rumänischen Institutionen verbringen,<br />

korreliert positiv mit nachfolgenden kognitiven Problemen und<br />

Verhaltensauffälligkeiten im weitesten Sinne. Ebenso steht auch das Alter der Kinder<br />

zum Zeitpunkt der Adoption damit im Zusammenhang, wie sich die Heimerfahrungen<br />

der Kinder auswirken (vgl. u. a. Wismer Fries & Pollak, 2004). Das bedeutet, je älter<br />

die Kinder zum Zeitpunkt der Adoption sind und je länger die verbrachte Zeit in einer<br />

Institution, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder physische und<br />

psychische Auffälligkeiten entwickeln.<br />

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