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Die soziale Konstruktion von Behinderung durch frühkindliche ...

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Menschenansammlungen werden ebenfalls als typische Eigenschaften dieser Kinder<br />

beschrieben.<br />

Als Hauptbefund seiner Untersuchung beschreibt CHUGANI die infolge früher<br />

umfassender Deprivation entstandenen Dysfunktionen in einer Reihe <strong>von</strong> Hirnregionen,<br />

inklusive des orbitofrontalen Kortex, des prefrontalen infralimbischen Kortex, des<br />

lateral-temporalen Kortex und des Hirnstammes (ebda. S. 1296). <strong>Die</strong>se Hirnregionen<br />

mit signifikant reduziertem Glukose-Stoffwechsel sind eng miteinander verknüpft und<br />

repräsentieren die Orte im Gehirn, die <strong>durch</strong> anhaltenden Stress beschädigt werden<br />

können. So sind der infralimbische und der orbitale Kortex reziprok mit der Amygdala<br />

und dem Hippokampus verbunden und wesentlich in die Bearbeitung <strong>von</strong> Stress<br />

involviert. Mit wachsender Gewissheit jedoch führt wiederholter oder anhaltender<br />

Stress zu kognitiven Dysfunktionen (ebda. S.1298).<br />

Abschließend vermuten CHUGANI und seine Kollegen, dass der chronische Stress,<br />

dem die Kinder in den rumänischen Heimen ausgesetzt waren, bei ihnen zu einer<br />

veränderten Entwicklung der limbischen Strukturen geführt hat und das veränderte<br />

funktionale Verbindungen in diesen Kreisläufen für die anhaltenden<br />

Verhaltensauffälligkeiten der Adoptivkinder verantwortlich sind (ebda. S.1300).<br />

<strong>Die</strong> vermuteten Zusammenhänge zwischen den traumatischen Erfahrungen, wie dem<br />

Verlust <strong>von</strong> Bindungspersonen und späteren Verhaltensweisen, sollen in folgenden<br />

Kapiteln näher beleuchtet werden. Welche neurophysiologischen Auswirkungen haben<br />

das Fehlen <strong>von</strong> emotionaler Bindung und welche Symptome können als<br />

Anpassungsprozesse verstanden werden?<br />

6.3 Das Einschreiben <strong>von</strong> Erfahrungen<br />

SCHORE beschreibt die Rolle der primären Bezugsperson als einen externalen<br />

psychobiologischen Regulator des erfahrungsabhängigen Wachstums des kindlichen<br />

Nervensystems. Frühe <strong>soziale</strong> Erlebnisse oder Traumata, wie der Verlust einer<br />

Bezugsperson, schreiben sich in die neurobiologischen Strukturen während der<br />

Wachstumsphasen des Gehirns in den ersten zwei Lebensjahren ein und haben damit<br />

weitreichende Effekte (vgl. 2001b). Frühe deregulierende Erfahrungen haben<br />

schwerwiegendere Auswirkungen als eine unsichere Bindung. Sie verursachen eine<br />

chaotische Veränderung der emotionalen Prozesse im limbischen System 15 , welches<br />

15 <strong>Die</strong> Strukturen des limbischen Systems sind bedeutend für die Entwicklung des Gedächtnisses. Sie<br />

verbinden sensorische Informationen aus der Umwelt und innere emotionale und motivationale Zustände.<br />

JANTZEN versteht das limbische System als „stufenweises Vermittlungssystem <strong>von</strong> Bedürfnissen und<br />

Umweltbegebenheiten“ (Jantzen, 1990, S. 104, vgl. Meyer, 1998, S.52).<br />

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