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Die soziale Konstruktion von Behinderung durch frühkindliche ...

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häufig zur <strong>soziale</strong>n Regelverletzung, also zu einer Verletzung <strong>von</strong> Grundsätzen, „die auf<br />

gegenseitiger Achtung, dialogischer Bereitschaft, Anerkennung, Bereitschaft zur<br />

Unterstützung u.v.a. beruhen.“ (2003, S. 30) Als Beispiele sind extrem verkürzte<br />

Diagnosemitteilungen ohne eine Beratung, das völlige Versäumen einer Aufklärung<br />

sowie eine Konfrontation mit unterschiedlichen und zum Teil falschen Diagnosen zu<br />

nennen. Darüber hinaus nennen die Eltern <strong>soziale</strong> Regelverletzungen seitens der<br />

Schulbehörde, Pädagogen und Therapeuten. So wird den Eltern die freie Wahl der<br />

Schule für ihre Kinder verweigert, das Unterstützungsangebot der Eltern zur<br />

Qualitätssicherung des integrativen Unterrichts abgelehnt oder die Integration eines<br />

schwer beeinträchtigten Kindes verunmöglicht (ebda. S. 32). Derartige Situationen<br />

können die Eltern in den entsprechenden <strong>soziale</strong>n Feldern schnell an den „Pol der<br />

Ohnmacht“ versetzen und führen zu Verletzungen, Demütigungen, Kränkungen sowie<br />

zu Sinnverlust und negativ veränderten <strong>soziale</strong>n Situationen (ebda. S. 33).<br />

ZIEMEN beschreibt die daraus entstehende Situation für die Eltern als widersprüchlich.<br />

Meist ergibt sich ein grundlegender Widerspruch zwischen dem Wert, den die Eltern<br />

sich selbst gegenüber in der Elternrolle erleben und der Abwertung, die sie <strong>von</strong> sog.<br />

Fachleuten oder der Gesellschaft bezüglich ihrer Position und der ihres Kindes zu<br />

spüren bekommen. Widersprüche entstehen ebenfalls hinsichtlich herkömmlicher<br />

Wertvorstellungen und Maßstäbe und dem individuellen Erleben des Kindes, was sich<br />

nicht selten in Form <strong>von</strong> Nicht-Übereinstimmungen der Prognosen und Diagnosen mit<br />

der tatsächlichen Entwicklung des Kindes ausdrückt. Dabei werden dem Kind nicht<br />

selten seitens des diagnostischen Fachpersonals jegliche Entwicklungsmöglichkeiten<br />

abgesprochen, was dem Erleben der Eltern konträr gegenübersteht (ebda. S. 33f). 22<br />

ZIEMEN versteht die Kompetenzen der Eltern als Reflexionen auf deren jeweilige<br />

Situation. Sie unterscheidet zwischen unterschiedlichen Reflexionsebenen, wobei alle<br />

<strong>von</strong> den Eltern angebotenen Ebenen als Kompetenzen anerkannt werden (vgl. ebda.<br />

2002, S. 120).<br />

<strong>Die</strong> Ebene der emotionalen Kompetenz lässt sich mit elterlichen Formulierungen über<br />

und dem Bewusstwerden <strong>von</strong> Wünschen, Zweifeln, Ängsten und Veränderungen der<br />

eigenen Person oder des Umfeldes beschreiben. <strong>Die</strong> Eltern reflektieren ihre Gefühle,<br />

Emotionen und Motive hinsichtlich ihrer Kinder, deren Beeinträchtigung und ihrer<br />

gemeinsamen Situation.<br />

22 vgl. hierzu auch die Ausführungen <strong>von</strong> Niedecken, die in einer derartigen Prognose die Schlüsselrolle<br />

für die <strong>Konstruktion</strong> einer geistigen <strong>Behinderung</strong> sieht, da sie das Verhältnis zwischen dem Kind und<br />

seinen Bezugspersonen nachhaltig verändern kann (Niedecken, 1993).<br />

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