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Die soziale Konstruktion von Behinderung durch frühkindliche ...

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Diagnose und Manifestierung der <strong>Behinderung</strong> und Angst vor der Ungewissheit und<br />

damit fehlenden Schuldentlastung.<br />

<strong>Die</strong> Diagnose einer <strong>Behinderung</strong> oder auch der bloße Verdacht einer solchen versetzt<br />

die betroffenen Kinder in ein grundlegend verändertes Verhältnis zu den Menschen<br />

seiner Umwelt. <strong>Die</strong> Fantasmen in den Köpfen der Gesellschaft vom „lebensunwerten<br />

Leben“, vom „schwachsinnigen Idioten“ und deren Verdrängung aufgrund <strong>von</strong><br />

Schuldgefühlen verbannt das Neugeborene in die Isolation. „Der gesellschaftliche<br />

Mordauftrag“, so nennt es NIEDECKEN, ist es, mit dem sowohl die Mütter als auch die<br />

betroffenen Kinder beladen werden und leben müssen (ebda. S.48). <strong>Die</strong>se Belastungen<br />

können den Spielraum, den die Mutter oder die erste Bezugsperson des Kindes benötigt<br />

um diesem Sicherheit, Angstfreiheit, Lernen und Entwicklung zu ermöglichen,<br />

verengen. Ist die Mutter nicht frei <strong>von</strong> Schuldgefühlen, bekommt sie zu wenig <strong>soziale</strong><br />

Freiheiten zugestanden. Mangelnde Zeit oder fehlende Unterstützung <strong>von</strong> außen können<br />

den Entwicklungsraum verengen und das Kind geistig behindern.<br />

<strong>Die</strong> Autorin verdeutlicht, dass eine geistige <strong>Behinderung</strong> keinesfalls organische<br />

Ursachen hat. <strong>Die</strong>se kennzeichnen lediglich erschwerte Ausgangsbedingungen und eine<br />

größere Verwundbarkeit der Kinder. Eine <strong>Behinderung</strong> aber wird konstruiert <strong>durch</strong> ein<br />

Verhalten der Umwelt, welches nicht den Bedürfnissen der Kinder entspricht.<br />

Ursächlich dafür können sowohl persönliche Probleme der Eltern sein, wie Ängste,<br />

Schuldgefühle oder Verunsicherung, als auch gesellschaftliche Fantasmen, Normen<br />

oder Schuldzuweisungen.<br />

7.3 Kompetenzen der Eltern<br />

<strong>Die</strong> oben angesprochene Trias <strong>von</strong> gesellschaftlichen Fantasmen, eine verdinglichende<br />

Diagnose und Behandlungstechniken bringt die ‚Institution geistige <strong>Behinderung</strong>’<br />

hervor. Kerstin ZIEMEN beschreibt in ihrer Arbeit über Kompetenzen <strong>von</strong> Eltern<br />

behinderter Kinder (2002) nicht nur die <strong>soziale</strong>n Missstände, die für behinderte Kinder<br />

und ihre Eltern unerträglich und belastend sind, sondern versucht die Situationen<br />

betroffener Familien zu verstehen und deren Kompetenzen freizulegen. Der Begriff der<br />

Kompetenz wird meist mit Fähigkeit, Können und Leistung gleichgesetzt. Sie können<br />

jedoch nur zu solchen werden, wenn die Fähigkeiten, das Vermögen und die<br />

Ressourcen <strong>von</strong> anderen positiv erkannt und anerkannt werden. <strong>Die</strong> Autorin bedient<br />

sich bei ihrer Untersuchung der soziologischen Terminologie BOURDIEUs und stellt<br />

den Begriff der Kompetenz als eine <strong>soziale</strong> <strong>Konstruktion</strong> im Verhältnis <strong>von</strong><br />

„Akteur/Habitus – Feld – Kapital“ und Tätigkeit dar (S. 119, vgl. 2003b). Dabei drückt<br />

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