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Die soziale Konstruktion von Behinderung durch frühkindliche ...

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1. Er vermutet, dass die beeinträchtigten <strong>soziale</strong>n Beziehungen dieses Musters mit der<br />

so genannten undifferenzierten Freundlichkeit (indiscriminate friendlyness)<br />

zusammenhängen. In beiden Fällen wurden beeinträchtigte <strong>soziale</strong> Reziprozität, eine<br />

geringe Anerkennung <strong>soziale</strong>r Regeln und ein mangelndes Bewusstsein für <strong>soziale</strong><br />

Regeln beobachtet. Bereits in anderen Studien wurden für dieses Verhalten die<br />

fehlenden Konversations- und Spielmöglichkeiten sowie mangelnde<br />

Bezugsbetreuungen in den Institutionen als mögliche Ursachen betrachtet. Das<br />

könnte unter anderen auch auf diese quasi-autistischen Muster zutreffen.<br />

2. <strong>Die</strong> Kinder mit den quasi-autistischen Mustern zeigten einen höheren Grad<br />

kognitiver Beeinträchtigung als die anderen rumänischen Kinder. <strong>Die</strong> kognitiven<br />

Beeinträchtigungen, die bei institutionalisierten Kindern gefunden wurden, waren<br />

generell eher gering. Also müssen die Bedingungen die mit intellektuellen<br />

Einschränkungen verbunden sind, noch einen anderen Charakter haben. Es könnte<br />

sein, so schlussfolgert RUTTER, dass der extreme Mangel an aktiven Erfahrungen,<br />

das Einsperren in Gitterbetten, das fehlende Spielzeug und die seltene Ansprache<br />

seitens des Personals großen Einfluss auf die kognitive Entwicklung nimmt.<br />

3. RUTTER führt eine Untersuchung mit <strong>von</strong> Geburt an blinden Kindern an. <strong>Die</strong><br />

Autoren dieser Studie (Brown, Hobson und Lee, 1997, vgl. Rutter, 1999, S.546)<br />

fanden bei diesen Kindern vermehrt autistische Merkmale, die meist sehr ausgeprägt<br />

waren, doch eher untypisch für einen <strong>frühkindliche</strong>n Autismus. Sie vermuteten, dass<br />

diese Eigenschaften aus einer fehlenden „psychischen Einnahme <strong>von</strong> Perspektiven“<br />

(„failure in psychological perspectiv-taking“) resultieren, die mit dem Mangel an<br />

visuellen Erfahrungen einhergehen. In diesem Sinne scheint der tiefgreifende<br />

Mangel an <strong>soziale</strong>n Kontakten und adäquaten Wahrnehmungsmöglichkeiten in<br />

rumänischen Institutionen eine vergleichbare Rolle zu spielen.<br />

Zusammenfassend vermutet RUTTER, dass die quasi-autistischen Muster im<br />

Zusammenhang mit der anhaltenden Entbehrung angemessener<br />

Wahrnehmungsmöglichkeiten und Erfahrungen sowie nicht existenten<br />

Bindungsbeziehungen und zum Teil kognitiven Beeinträchtigungen stehen. <strong>Die</strong>se<br />

schweren kognitiven Beeinträchtigungen traten in der Studie jedoch nur bei Kindern<br />

auf, die zusätzlichen biologischen Risiken ausgesetzt waren. RUTTER betont, dass trotz<br />

dieser hohen Rate autistischer Muster, die große Mehrheit der Kinder, die ebenfalls<br />

Vernachlässigung und Entbehrungen erfahren haben, allerdings keine autistischen<br />

Anzeichen zeigen (ebda. S.546).<br />

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