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Die soziale Konstruktion von Behinderung durch frühkindliche ...

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III. Aufsteigen im Konkreten<br />

8. Verstehen<br />

Um das Verstehen, welches als ein elementarer Schritt in der rehistorisierenden<br />

Diagnostik beschrieben wird, jene Transformation, die da<strong>durch</strong> entsteht, dass<br />

Erklärungswissen an den Ausgangspunkt der Geschichte gesetzt und mit dem Sein und<br />

Werden des Menschen verwoben wird, soll es in diesem letzten Teil gehen. Vor dem<br />

Hintergrund der vorangegangenen Theorie, zu den Grundsätzen menschlicher<br />

Entwicklung, dem Aufbau des Psychischen, einem Teil Entwicklungspsychologie sowie<br />

Entwicklungspsychopathologie und einigen Ausführungen zum <strong>soziale</strong>n Umfeld<br />

möchte ich an dieser Stelle auf Marian zurückkommen. Ich werde in teilweise<br />

chronologischer Reihenfolge sein Werden als einen logischen und sinnvollen<br />

Entwicklungsweg unter speziellen Lebensbedingungen rekonstruieren. Eingangs<br />

aufgestellte Hypothesen sollen zusammenfassend diskutiert werden. Abschließend<br />

möchte ich die Bedeutung dieser Arbeit für Marian darstellen, mögliche daraus<br />

entstehende Konsequenzen aufzeigen und einen Ausblick in die Zukunft wagen.<br />

8.1 Isolierende Augsangsbedingungen<br />

Aus den rumänischen Akten ist zu entnehmen, dass Marian unmittelbar nach seiner<br />

Geburt an einer viralen Meningitis erkrankte. Über die Behandlung gibt es keine<br />

weiteren Angaben. Es kann da<strong>von</strong> ausgegangen werden, dass Marian ab dem Zeitpunkt<br />

der Geburt mit erschwerten Bedingungen zu kämpfen hatte, zum einen spielte sicher die<br />

Erkrankung, über deren Verlauf nichts Näheres bekannt ist , die jedoch mit körperlichen<br />

Schmerzen und Unwohlsein einhergegangen sein dürfte eine entscheidende Rolle, zum<br />

zweiten der Verlust der Mutter. Marians Erleben als Neugeborenes war demnach<br />

geprägt <strong>von</strong> schmerzhaften und unangenehmen körperlichen Prozessen sowie den<br />

äußeren Einwirkungen der Krankenhausrealität. Vermutlich gab es keine enge<br />

Bezugsperson, die diese negativen Affekte <strong>durch</strong> zeitlich strukturierte und auf den<br />

Säugling abgestimmte Interaktionen regulieren konnte, so dass Marians emotionale<br />

Widerspiegelung eher <strong>durch</strong> Unlust und Unwohlsein bestimmt gewesen sein dürfte als<br />

<strong>durch</strong> Sicherheit und Wohlbefinden.<br />

Durch die <strong>Konstruktion</strong> eines virtuellen Anderen verfügen Neugeborene bereits zu<br />

diesem Zeitpunkt über eine Art Erwartungshaltung gegenüber ihrer Umwelt hinsichtlich<br />

eines „freundlichen Begleiters“ (vgl. 5.1). <strong>Die</strong> <strong>Konstruktion</strong> eines virtuellen Selbst<br />

ermöglicht dem Säugling dieses Bedürfnis zustandsabhängig auszudrücken und mit den<br />

körpereigenen Informationen zu verknüpfen, worüber Emotionen bzw. Zustände der<br />

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