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kapitel 1 - adamas.ai

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„Okay, okay. Gut. Wow. Knast. Wow. Okay.“ Ich atmete tief ein. „Sie haben doch schon vom Xnet und von M1k3y<br />

gehört?“<br />

„Ja, und?“<br />

„Ich bin M1k3y.“<br />

„Oh“, sagte sie. Sie hantierte am Scanner und drehte den Zettel um, um auch die Rückseite einzulesen. Sie scannte<br />

mit irgendeiner unglaublich hohen Auflösung, 10.000 dpi oder noch mehr, und am Schirm sah der Scan aus wie<br />

der Ausdruck eines Rastertunnelmikroskops.<br />

„Nun, das wirft ein anderes Licht auf die Sache.“<br />

„Ja“, sagte ich. „So siehts wohl aus.“<br />

„Und deine Eltern wissen nichts davon.“<br />

„Nichts. Und ich bin nicht sicher, ob sies wissen sollten.“<br />

„Das ist etwas, das du selbst entscheiden musst. Ich muss drüber nachdenken. Kannst du mich im Büro besuchen?<br />

Ich würde gern mit dir darüber sprechen, was genau das alles bedeutet.“<br />

„Haben Sie eine Xbox Universal? Ich würde einen Installer mitbringen.“<br />

„Ja, ich bin sicher, das lässt sich arrangieren. Wenn du kommst, dann sag am Empfang, dass du Mr. Brown bist<br />

und mich sprechen möchtest. Dort wissen sie, was das bedeutet. Deine Ankunft wird nirgends registriert, und die<br />

Aufzeichnungen dieses Tages aus den Überwachungskameras werden automatisch gelöscht und die Kameras ausgeschaltet,<br />

bis du wieder gehst.“<br />

„Wow“, sagte ich. „Sie denken wie ich.“<br />

Sie lächelte und knuffte mich in die Schulter. „Mein Junge, ich bin schon verdammt lange in diesem Spiel. Und bislang<br />

habe ich es geschafft, mehr Zeit in Freiheit als hinter Gittern zu verbringen. Paranoia ist meine Freundin.“<br />

x<br />

Am nächsten Tag hing ich wie ein Zombie in der Schule rum. Ich hatte nur noch drei Stunden Schlaf bekommen,<br />

und nicht mal drei Tassen Koffeinschlamm beim Türken hatten mein Gehirn auf Touren bringen können. Das Problem<br />

mit Koffein ist, dass man sich zu leicht dran gewöhnt und dann immer höhere Dosen braucht, nur um sein<br />

Level zu halten.<br />

Ich hatte in der Nacht darüber gegrübelt, was ich zu tun hatte. Und es war so, wie durch ein Labyrinth mit lauter<br />

verzweigten kleinen Gängen zu rennen, die alle gleich aussahen und alle in der gleichen Sackgasse endeten. Wenn<br />

ich zu Barbara ging, war es aus für mich. Darauf lief es hinaus, ich konnte es drehen und wenden, wie ich wollte.<br />

Als der Schultag vorbei war, wollte ich bloß noch heim und ins Bett kriechen. Aber ich hatte eine Verabredung<br />

beim „Bay Guardian“ unten am Wasser. Ich hielt meinen Blick auf meine Füße gerichtet, als ich aus dem Tor rauswankte,<br />

und als ich in die 24. Straße abbog, lief plötzlich ein zweites Paar Füße neben meinen her. Ich erkannte<br />

die Schuhe und blieb stehen.<br />

„Ange?“<br />

Sie sah so aus, wie ich mich fühlte. Übernächtigt, mit Waschbäraugen und einem traurigen Zug um die<br />

Mundwinkel.<br />

„Hi du“, sagte sie. „Überraschung. Ich hab mir selbst schulfrei gegeben. Konnte mich sowieso nicht mehr<br />

konzentrieren.“<br />

„Äh.“<br />

„Halt den Mund und umarm mich, du Idiot.“<br />

Tat ich sofort. Mann, war das gut. Besser als gut. Ich fühlte mich, als hätte ich einen Teil meiner selbst amputiert,<br />

und jetzt hätte man ihn wieder angeflickt.<br />

„Ich liebe dich, Marcus Yallow.“<br />

„Ich liebe dich, Angela Carvelli.“<br />

„Okay“, unterbrach sie. „Ich mochte deinen Blogeintrag darüber, warum du nicht mehr jammst. Kann ich respektieren.<br />

Und wie weit bist du mit deiner Suche nach einer Methode, sie zu jammen, ohne dich erwischen zu<br />

lassen?“<br />

Cory Doctorow: Little Brother x

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