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kapitel 1 - adamas.ai

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Kapitel 11<br />

Dieses Kapitel ist der Universitätsbuchhandlung an der Universität von Washington gewidmet, deren Science-Fiction-Abteilung dank dem scharfen Blick<br />

und der Hingabe des Science-Fiction-Einkäufers Duane Wilkins derjenigen vieler spezialisierter Geschäfte ebenbürtig ist. Duane ist ein echter Science-<br />

Fiction-Fan – ich habe ihn das erste Mal bei der World Science Fiction Convention in Toronto 2003 getroffen –, und das zeigt sich im gut informiert<br />

ausgewählten Sortiment, das im Laden präsentiert wird. Ein gutes Indiz für eine herausragende Buchhandlung ist die Qualität der „Regal-Reviews“ – der<br />

kleinen Kartonschnipsel an den Regalen, auf denen das Personal üblicherweise handschriftlich kleine Rezensionen über die Vorzüge von Büchern verfasst,<br />

die man sonst einfach verpassen würde. Und die Angestellten in der Universitätsbuchhandlung haben offensichtlich von Duanes Anleitung profitiert, denn<br />

die Regal-Reviews hier sind absolut unvergleichlich.<br />

The University Bookstore http://www4.bookstore.washington.edu/_trade/ShowTitleUBS.taf?ActionArg=Title&ISBN=9780765319852 4326 University<br />

Way NE, Seattle, WA 98105 USA +1 800 335 READ<br />

olu stand auf. „Jetzt wird’s ernst, Leute. Jetzt sehen wir, auf welcher Seite ihr seid. Vielleicht habt ihr keine Lust,<br />

Jfür eure Überzeugungen auf die Straße zu gehen und dafür hopsgenommen zu werden, aber wenn ihr Überzeugungen<br />

habt, dann wird es uns das zeigen. Das hier wird das Web of Trust knüpfen, das uns zeigt, wer drin und<br />

wer draußen ist. Wenn wir unser Land jemals zurückbekommen wollen, dann müssen wir das tun. Wir müssen<br />

einfach etwas wie das hier tun.“<br />

Jemand in der Menge – es war Ange – hob eine Hand mit einer Bierflasche.<br />

„Nennt mich blöde, aber ich versteh das kein Stück. Warum wollt ihr, dass wir das machen?“<br />

Jolu schaute mich an, und ich erwiderte den Blick. Als wirs organisierten, hatte alles so offensichtlich ausgesehen.<br />

„Das Xnet ist nicht bloß eine Möglichkeit, gratis zu spielen. Es ist das letzte offene Kommunikationsnetzwerk in<br />

Amerika. Es ist die letzte Möglichkeit, miteinander zu reden, ohne vom DHS dabei überwacht zu werden. Und<br />

damit das so bleibt, müssen wir wissen, dass derjenige, mit dem wir grade sprechen, kein Schnüffler ist. Das<br />

bedeutet, wir müssen wissen, dass die Leute, denen wir Nachrichten schicken, tatsächlich die sind, für die wir sie<br />

halten.<br />

Und hier kommt ihr ins Spiel. Ihr seid alle hier, weil wir euch vertrauen. Ich meine, wirklich vertrauen. Vertrauen<br />

auf Leben und Tod.“<br />

Ein paar Leute stöhnten. Das klang so melodramatisch und dumm.<br />

Ich stand wieder auf.<br />

„Als die Bomben hochgingen“, sagte ich, und da begann sich etwas in meiner Brust zu regen, etwas Schmerzhaftes.<br />

„Als die Bomben hochgingen, da sind vier von uns auf der Market Street gefangen genommen worden. Aus<br />

irgendeinem Grund war das DHS der Meinung, wir hätten Verdacht erregt. Die haben uns Tüten über den Kopf<br />

gezogen, auf ein Schiff gebracht und tagelang verhört. Die haben uns erniedrigt und Psychospielchen mit uns<br />

gespielt. Dann haben sie uns gehen lassen.<br />

Uns alle außer einem. Meinem besten Freund. Er war bei uns, als sie uns einkassiert haben. Er war verletzt und<br />

brauchte ärztliche Hilfe. Und er kam nie wieder raus. Sie behaupten, sie hätten ihn nie gesehen. Sie sagen, wenn<br />

wir je irgendwem davon erzählen, dann verhaften sie uns und lassen uns verschwinden.<br />

Für immer.“<br />

Ich zitterte. Diese Scham. Diese verdammte Scham. Jolu hielt mit der Lampe auf mich.<br />

„Oh Gott“, sagte ich. „Ihr hier, ihr seid die ersten, denen ich das erzähle. Wenn diese Story die Runde macht, dann<br />

könnt ihr drauf wetten, dass die rauskriegen, wer undicht war. Dann könnt ihr drauf wetten, dass sie kommen und<br />

an meine Tür klopfen.“ Ich atmete ein paar Mal tief durch. „Deshalb engagiere ich mich im Xnet. Und deshalb ist<br />

mein Leben von jetzt an dem Kampf gegen das DHS gewidmet. Mit jedem Atemzug, an jedem einzelnen Tag. Bis<br />

wir wieder frei sind. Jeder von euch könnte mich jetzt in den Knast bringen, wenn er wollte.“<br />

Ange hob wieder die Hand. „Wir verpfeifen dich nicht“, sagte sie. „Kein Stück. Ich kenn hier so ziemlich jeden,<br />

und so viel kann ich dir versprechen. Ich hab zwar keine Ahnung, woran man jemanden erkennt, dem man vertrauen<br />

kann, aber ich weiß, wem man nicht vertrauen kann: alten Leuten. Unseren Eltern. Erwachsenen. Wenn die<br />

an jemanden denken, dem nachspioniert wird, dann denken die an jemand anderen, irgendeinen Bösen. Wenn sie<br />

an jemanden denken, der gefangen und in ein Geheimgefängnis verschleppt wird, dann ist das immer ein anderer<br />

– ein Junger, ein Farbiger, ein Ausländer.<br />

Sie haben vergessen, wie es ist, in unserem Alter zu sein. Einfach ständig unter Generalverdacht zu sein! Wie oft<br />

steigst du in den Bus, und alle starren dich an, als ob du Bröckchen rülpst und Hunde quälst?<br />

x Cory Doctorow: Little Brother

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