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kapitel 1 - adamas.ai

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Mom war schon daheim, als ich ankam. Sie hatte ihren Laptop offen auf dem Küchentisch stehen und beantwortete<br />

M<strong>ai</strong>ls, während sie über Headset mit irgendeinem armen Yorkshireman sprach, der mit seiner Familie Hilfe<br />

dabei benötigte, sich an das Leben in Louisiana zu gewöhnen.<br />

Ich trat durch die Tür und Ange hinterher, grinsend wie wahnsinnig, aber zugleich meine Hand so fest drückend,<br />

dass ich spüren konnte, wie ihre Knochen aufeinanderschabten. Ich wusste nicht, worüber sie sich solche Sorgen<br />

machte. War ja nicht so, dass sie nach dem heutigen Tag noch mal allzu viel Zeit mit meinen Eltern würde verbringen<br />

müssen, selbst wenn es schlecht lief.<br />

Mom beendete das Gespräch mit dem Yorkshireman, als wir hereinkamen.<br />

„Hallo, Marcus“, sagte sie und gab mir einen Kuss auf die Wange. „Und wer ist das?“<br />

„Mom, darf ich dir Ange vorstellen? Ange, das ist meine Mom, Lillian.“<br />

Mom stand auf und nahm Ange in die Arme.<br />

„Es ist sehr schön, dich kennen zu lernen, Liebes“, sagte sie und musterte sie von Kopf bis Fuß. Ange sah ziemlich<br />

vorzeigbar aus, fand ich. Sie zog sich anständig und dezent an, und man konnte ihr ansehen, dass sie ein heller<br />

Kopf war.<br />

„Eine Freude, Sie kennen zu lernen, Mrs. Yallow“, sagte sie. Sie klang sehr souverän und selbstbewusst. Viel mehr<br />

als ich, als ich ihre Mom zum ersten Mal traf.<br />

„Sag doch Lillian, meine Liebe.“ Mom achtete erkennbar auf jedes Det<strong>ai</strong>l. „Bleibst du zum Essen?“<br />

„Sehr gern“, sagte Ange.<br />

„Isst du Fleisch?“ Mom hat sich ans Leben in Kalifornien echt gut angepasst.<br />

„Ich esse alles, das mich nicht zuerst isst.“<br />

„Sie ist süchtig nach scharfer Sauce“, sagte ich. „Du kannst ihr auch alte Reifen anbieten, und Ange wird sie essen,<br />

solange sie sie nur in Salsa ertränken kann.“<br />

Ange knuffte mich zärtlich in die Schulter.<br />

„Ich hatte Th<strong>ai</strong> ordern wollen“, sagte Mom. „Dann bestelle ich noch ein paar von ihren Fünf-Chili-Gerichten<br />

dazu.“<br />

Ange dankte ihr höflich, und Mom wuselte in der Küche rum, stellte uns Saftgläser und einen Teller Kekse hin und<br />

fragte uns drei Mal, ob wir Tee haben wollten. Ich wurde allmählich hibbelig.<br />

„Danke, Mom“, sagte ich. „Aber wir würden erst mal für einen Moment zu mir raufgehen wollen.“<br />

Moms Augen verengten sich einen Moment lang, aber dann lächelte sie wieder. „Na sicher“, sagte sie. „Dein Vater<br />

wird in einer Stunde daheim sein, wir essen dann alle zusammen.“<br />

Mein Vampirzeug hatte ich im hintersten Winkel des Kleiderschranks verstaut. Ich ließ Ange durchgucken, während<br />

ich meine Klamotten durchflöhte. Ich musste ja bloß bis L.A. kommen. Da gab es Geschäfte für all die Bekleidung,<br />

die ich dann noch brauchte. Ich musste bloß drei, vier Lieblings-T-Shirts und eine Lieblings-Jeans zusammensuchen,<br />

einen Deo-Roller und eine Rolle Zahnseide.<br />

„Geld!“, sagte ich dann.<br />

„Oh ja“, sagte sie. „Ich wollte mein Konto beim Geldomaten auf dem Weg nach Hause leerräumen. Ich hab vielleicht<br />

fünfhundert zusammengespart.“<br />

„Echt?“<br />

„Wofür sollte ichs denn ausgeben? Seit dem Xnet hab ich ja noch nicht mal mehr Provider-Gebühren.“<br />

„Ich glaube, ich hab so was um dreihundert.“<br />

„Na guck. Heb das morgen auf dem Weg zum Civic Center ab.“ Ich hatte eine große Schultasche, die ich dazu<br />

benutzte, größere Mengen Ausrüstung durch die Stadt zu schleppen. Die war unauffälliger als mein Campinggepäck.<br />

Ange ging gnadenlos durch meine Stapel durch und dampfte sie auf ihre Lieblingsstücke ein.<br />

Als alles gepackt und unterm Bett verstaut war, setzten wir uns hin.<br />

„Wir müssen morgen richtig früh aufstehen“, sagte sie.<br />

„Oh ja, großer Tag.“<br />

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Cory Doctorow: Little Brother x

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