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kapitel 1 - adamas.ai

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Sie wollten nicht das Risiko eingehen, dass irgendein Idiot auf die Idee käme, die Dinge, die ihm nicht passten, als<br />

illegal zu deklarieren.“<br />

Sie drehte sich um und schrieb „Leben, Freiheit und das Streben nach Glück“ an die Tafel.<br />

„Wir sind dem Lehrplan schon ein bisschen voraus, aber ihr scheint eine fortgeschrittene Gruppe zu sein.“ Die<br />

anderen lachten nervös.<br />

„Die Aufgabe der Regierung ist es, die Rechte der Bürger auf Leben, Freiheit und das Streben nach Glück zu<br />

gewährleisten. In dieser Reihenfolge. Das ist wie ein Filter. Wenn die Regierung etwas unternehmen möchte, das<br />

uns ein wenig unzufriedener macht oder unsere Freiheit teilweise einschränkt, dann ist das okay, vorausgesetzt, es<br />

dient dazu, unser Leben zu schützen. Deshalb dürfen Polizisten euch einsperren, wenn sie glauben, dass ihr eine<br />

Gefahr für euch oder andere darstellt. Ihr verliert eure Freiheit und eure Freude, um Leben zu schützen. Wenn ihr<br />

Leben habt, dann bekommt ihr vielleicht später noch Freiheit und Freude dazu.“<br />

Ein paar von den anderen hatten die Hände oben. „Aber bedeutet das nicht, dass sie tun können, was immer sie<br />

wollen, solange sie behaupten, dass es jemanden davon abhält, uns irgendwann in der Zukunft zu verletzen?“<br />

„Genau“, meinte ein anderer. „Es klingt, als ob Sie sagen, dass nationale Sicherheit wichtiger ist als die<br />

Verfassung.“<br />

In diesem Moment war ich so was von stolz auf meine Mitschüler. Ich sagte: „Wie können Sie denn Freiheit schützen,<br />

indem Sie die Bill of Rights außer Kraft setzen?“<br />

Sie schüttelte den Kopf, als ob wir unglaublich dumm seien. „Die ‚revolutionären‘ Gründerväter haben Verräter<br />

und Spione erschossen. An absolute Freiheit haben sie nicht geglaubt, nicht wenn sie die Republik bedrohte.<br />

Nehmt zum Beispiel diese Xnet-Leute …“<br />

Es fiel mir schwer, nicht zu erstarren.<br />

„… diese so genannten Jammer, die heute früh in den Nachrichten waren. Nachdem diese Stadt von Leuten angegriffen<br />

worden war, die diesem Land den Krieg erklärt haben, machten die Xnetter sich daran, die Sicherheitsmaßnahmen<br />

zu sabotieren, die dazu dienten, Bösewichter zu fangen und sie von Wiederholungstaten abzuhalten. Das<br />

taten sie, indem sie ihre Mitbürger gefährdeten und ihnen Ärger bereiteten …“<br />

„Das taten sie, um zu zeigen, dass unsere Rechte geraubt wurden unter dem Vorwand, sie zu schützen!“, sagte ich.<br />

Okay, ich schrie es. Oh Gott, hatte die mich in Fahrt gebracht. „Sie haben es getan, weil die Regierung jeden wie<br />

einen Terrorverdächtigen behandelt hat.“<br />

„Ach, und um zu beweisen, dass man sie nicht wie Terroristen behandeln sollte“, brüllte Charles zurück, „haben<br />

sie sich wie Terroristen benommen? Deshalb haben sie ihren Terror ausgeübt?“<br />

Ich kochte.<br />

„Jetzt komm mal runter. Terror ausgeübt? Sie haben bloß gezeigt, dass allgegenwärtige Überwachung gefährlicher<br />

ist als Terrorismus. Denk mal an den Park letztes Wochenende. Die Leute da haben getanzt und Musik gehört. Was<br />

ist denn daran Terrorismus?“<br />

Die Lehrerin kam durch den Raum auf mich zu und postierte sich über mir, bis ich still war. „Marcus, du scheinst<br />

noch zu glauben, dass sich in diesem Land nichts geändert hat. Aber du hast zu begreifen, dass die Sprengung der<br />

Bay Bridge alles geändert hat. Tausende unserer Freunde und Verwandten liegen tot da unten in der Bay. Dies ist<br />

die Zeit für nationale Einheit angesichts dieser Gewalt, die unser Land erleiden musste …“<br />

Ich stand auf. Dieses „Alles hat sich geändert“-Geseiher ging mir bis hier. „Nationale Einheit? Was Amerika ganz<br />

wesentlich ausmacht, ist doch wohl, dass wir ein Land sind, in dem Dissens willkommen ist. Wir sind ein Land von<br />

Dissidenten und Kämpfern und Uniabbrechern und Aktivisten für Meinungsfreiheit.“<br />

Dann dachte ich an Ms. Galvez’ letzte Stunde und an die Tausende von Berkeley-Studenten, die den Polizeiwagen<br />

eingekesselt hatten, als dieser eine Typ für das Verteilen von Bürgerrechts-Literatur abtransportiert werden sollte.<br />

Niemand hatte versucht, die Trucks aufzuhalten, die mit all den Tänzern aus dem Park davonfuhren. Ich hatte es<br />

nicht versucht. Ich war weggelaufen.<br />

Vielleicht hatte sich ja wirklich alles geändert.<br />

„Ich glaube, du weißt, wo Mr. Bensons Büro ist“, sagte sie zu mir. „Du wirst dich unverzüglich dort melden.<br />

Ich werde es nicht dulden, dass mein Unterricht von respektlosem Verhalten gestört wird. Für jemanden, der<br />

behauptet, die Meinungsfreiheit zu lieben, wirst du ziemlich laut, sobald irgendjemand nicht deiner Meinung ist.“<br />

x Cory Doctorow: Little Brother

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