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kapitel 1 - adamas.ai

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esser sei, klarsichtig und ohne Hoffnung zu leben oder in einem Paradies der Einfältigen. Diese Scham – dieselbe<br />

Scham, die ich seit dem Moment empfunden hatte, als ich meine Passwörter preisgab, als sie mich gebrochen hatten<br />

– kehrte zurück, machte mich träge und ließ mich wünschen, nur weit weg von mir selbst zu sein.<br />

Mein Spielcharakter war ein Matrose auf dem Piratenschiff „Zombie Charger“, und er war abgelaufen, während ich<br />

offline war. Ich musste alle anderen Spieler auf dem Schiff anbeamen, um einen zu finden, der bereit war, mich<br />

wieder aufzuziehen. Das beschäftigte mich. Ich mochte es sogar. Es hat was Magisches, wenn ein völlig Fremder<br />

dir einen Gefallen tut. Und weil es das Xnet war, wusste ich, dass alle Fremden hier in gewissem Sinne Freunde<br />

waren.<br />

> Woher kommste?<br />

Der Charakter, der mich aufzog, hieß Lizanator, und er war weiblich, obwohl das nicht bedeuten musste, dass eine<br />

Frau dahintersteckte. Kerle hatten manchmal eine bizarre Neigung dazu, weibliche Charaktere zu spielen.<br />

> San Francisco<br />

sagte ich<br />

> Nein, Idiot, wo in San Fran?<br />

> Warum, biste pervers?<br />

Das war normalerweise das Ende so einer Konversation. Natürlich war jede Spiele-Site voll von Pädos und Pervis<br />

sowie von Bullen, die hier als Köder für die Pädos und Perversen unterwegs waren (obwohl ich hoffte, dass es im<br />

Xnet keine Bullen gab!) So eine Anschuldigung war in neunzig Prozent aller Fälle genug für nen Themenwechsel.<br />

> Mission? Potrero Hill? Noe? East Bay?<br />

> Zieh mich bloß auf, ja?<br />

Sie hörte auf, mich aufzuziehen.<br />

> Hast Angst?<br />

> Ne, wieso?<br />

> Nur ne Frage<br />

Ich hatte kein gutes Gefühl mit ihr. Sie war offensichtlich mehr als bloß neugierig. Nenn es Paranoia. Ich loggte<br />

mich aus und fuhr die Xbox runter.<br />

x<br />

Dad schaute mich am nächsten Morgen übern Frühstückstisch hinweg an und sagte: „Sieht aus, als ob es endlich<br />

besser würde“. Er reichte mir den Chronicle, der auf der dritten Seite aufgeschlagen war.<br />

Ein Sprecher der Heimatschutzbehörde bestätigte, dass das Büro in San Francisco in DC eine Budgetund<br />

Personalaufstockung um 300 Prozent beantragt habe.<br />

Wie bitte?<br />

Generalmajor Graeme Sutherland, der Kommandierende der DHS-Operationen in Nordkalifornien,<br />

bestätigte die Anfrage bei einer Pressekonferenz am Vortag, wobei er angab, dass ein Anstieg verdächtiger<br />

Aktivitäten in der Bay Area den Antrag ausgelöst habe. „Wir verzeichnen einen Zuwachs an Untergrund-Gerede<br />

und Aktivitäten und glauben, dass Saboteure absichtlich falsche Sicherheitswarnungen<br />

auslösen, um unsere Bemühungen zu unterminieren.“<br />

Ich verdrehte die Augen. Ach du Sch…<br />

„Diese Fehlalarme sind möglicherweise ‚Störfeuer‘, die dazu dienen sollen, von tatsächlichen Angriffen<br />

abzulenken. Der einzig effektive Weg, sie zu bekämpfen, besteht darin, unser Personal zu verstärken<br />

und die Analystenlevel zu erhöhen, so dass wir jede einzelne Spur konsequent verfolgen können.“<br />

Sutherland bemerkte, die Verspätungen überall in der Stadt seien „unglücklich“, und er zeigte sich entschlossen,<br />

sie zu beseitigen.<br />

Vor meinem inneren Auge sah ich die Stadt mit vier oder fünf Mal so vielen DHS-Beamten, die alle hergekommen<br />

waren, um meine eigenen blöden Ideen anzugehen. Van hatte Recht. Je mehr ich sie bekämpfte, desto schlimmer<br />

wurde die Sache.<br />

x Cory Doctorow: Little Brother

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