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ungeschoren hier rauskommen würden. In diesem Moment hätte ich losgehen mögen, um ihr einen riesigen Blumenstrauß<br />
zu kaufen.<br />
„Marcus hier hat es abgelehnt, uns zu erklären, wie sein Fahrtenprofil zustande gekommen ist.“<br />
„Sie sagen also, sie halten meinen Sohn wegen seiner Art, Bus zu fahren, für einen Terroristen?“<br />
„Terroristen sind nicht die einzigen Verbrecher, die wir auf diese Weise fangen“, sagte Pickel. „Drogenhändler.<br />
Gang-Kids. Oder auch Ladendiebe, die clever genug sind, sich für jeden Beutezug ein anderes Revier zu suchen.“<br />
„Sie denken also, mein Sohn sei ein Drogenhändler?“<br />
„Wir sagen nicht, dass –“, fing Pickel an.<br />
Mit einem Händeklatschen brachte Mom ihn zum Schweigen.<br />
„Marcus, gib mir bitte mal deinen Rucksack.“<br />
Das tat ich.<br />
Mom zippte ihn auf und schaute ihn durch, zunächst mit dem Rücken zu uns.<br />
„Meine Herren, ich kann Ihnen nun versichern, dass sich in der Tasche meines Sohnes weder Drogen noch Sprengstoffe<br />
oder gestohlene Waren befinden. Ich denke, damit wäre das erledigt. Bevor Sie gehen, darf ich noch um Ihre<br />
Personalnummern bitten.“<br />
Popel lachte höhnisch. „Gute Frau, die ACLU hat gerade Klagen gegen dreihundert Polizisten der Stadt laufen; da<br />
werden Sie sich hinten anstellen müssen.“<br />
x<br />
Mom machte mir einen Tee und schimpfte dann mit mir, weil ich schon gegessen hatte, obwohl ich wusste, dass<br />
sie Falafel gemacht hatte. Dad kam heim, während wir noch am Tisch saßen, und Mom und ich erzählten ihm<br />
abwechselnd die Geschichte. Er schüttelte den Kopf.<br />
„Lillian, die haben doch nur ihren Job gemacht.“ Er trug immer noch den blauen Blazer und die Khakis, die er an<br />
den Tagen trug, an denen er als Berater im Silicon Valley war. „Die Welt ist nicht mehr dieselbe wie noch vor einer<br />
Woche.“<br />
„Mom setzte ihren Teebecher ab. „Drew, werd nicht albern. Dein Sohn ist kein Terrorist. Seine Fahrten im Nahverkehr<br />
können kein Grund für polizeiliche Ermittlungen sein.“<br />
Dad zog seinen Blazer aus. „In meinem Job machen wir das ständig. So kann man Computer dazu einsetzen, alle<br />
Arten von Fehlern und Unregelmäßigkeiten zu entdecken. Du sagst dem Computer, er soll ein Profil eines durchschnittlichen<br />
Datenbankeintrags erstellen und dann rausfinden, welche Einträge in der Datenbank am stärksten<br />
vom Durchschnitt abweichen. Das gehört zur Bayesschen Statistik, und das gibt’s schon seit Jahrhunderten. Ohne<br />
so was hätten wir keine Spamfilter –“<br />
„Soll das heißen, die Polizei sollte genauso schlecht arbeiten wie mein Spamfilter?“, fragte ich.<br />
Dad wurde nie wütend, wenn ich mit ihm diskutierte, aber ich konnte sehen, dass er heute sehr kurz davor war.<br />
Trotzdem konnte ichs mir nicht verkneifen. Mein Vater stellte sich auf die Seite der Polizei!<br />
„Ich sage nur, es ist völlig vernünftig, dass die Polizei ihre Untersuchungen damit anfängt, Daten durchzugrasen,<br />
und erst dann mit der Lauferei anfängt, wenn sie Abnormalitäten haben, um herauszufinden, wo die herkommen.<br />
Ich denke nicht, dass ein Computer der Polizei vorgeben sollte, wen sie verhaften soll, aber er kann ihnen dabei<br />
helfen, den Heuhaufen nach der Nadel zu durchflöhen.“<br />
„Aber indem sie all diese Daten aus dem Verkehrssystem abgreifen, erzeugen sie doch überhaupt erst den Heuhaufen“,<br />
sagte ich. „Das ist ein monströser Datenberg, und es ist aus Polizeisicht fast nichts drin, was eine Untersuchung<br />
rechtfertigt. Das ist die totale Verschwendung.“<br />
„Ich versteh ja, dass du das System nicht magst, weil es dir Unbequemlichkeiten verursacht hat, Marcus. Aber du<br />
zuallererst solltest den Ernst der Lage begreifen. Und es ist dir doch nichts passiert, oder doch? Sie haben dich<br />
doch sogar nach Hause gefahren.“<br />
Sie haben gedroht, mich in den Knast zu stecken, dachte ich, aber mir war klar, dass es keinen Zweck hatte,<br />
das auszusprechen.<br />
„Und übrigens hast du uns immer noch nicht erklärt, wo zum Teufel du eigentlich warst, um ein so ungewöhnliches<br />
Bewegungsmuster zu erzeugen.“<br />
Cory Doctorow: Little Brother x