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kapitel 1 - adamas.ai

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„Jetzt betreibe ich Journalismus. Ihr geht, und ich recherchiere all die Dinge, die ihr mir erzählt habt, und versuche<br />

sie möglichst genau zu verifizieren. Ich werde euch zeigen, was ich veröffentlichen werde, und ich werde euch<br />

wissen lassen, wann es veröffentlicht wird. Es wäre mir sehr lieb, wenn ihr ab jetzt mit niemandem mehr über die<br />

Sache redet, denn ich möchte diesen Scoop und ich möchte sicherstellen, dass ich die Story in trockenen Tüchern<br />

habe, bevor sie vor lauter Pressespekulationen und Beeinflussung durch das DHS verwässert wird.<br />

Ich werde das DHS anrufen und um eine Stellungnahme bitten müssen, bevor wir in Druck gehen, aber ich werde<br />

das so tun, dass es euch in jeder nur denkbaren Weise schützt. Ich werde euch selbstverständlich auch darüber im<br />

Voraus informieren.<br />

Aber eines muss ich jetzt noch sagen: Das ist nun nicht mehr eure Geschichte. Es ist meine. Ihr wart sehr großzügig,<br />

sie mir zu überlassen, und ich werde versuchen, mich dafür erkenntlich zu erweisen; aber ihr habt kein<br />

Recht, irgendetwas zu streichen, zu ändern oder mich aufzuhalten. Versteht ihr das?“<br />

So genau hatte ich noch nicht darüber nachgedacht, aber jetzt, wo sies sagte, war es nur allzu offensichtlich. Es<br />

bedeutete, dass ich eine Rakete gestartet hatte, die ich jetzt nicht mehr zurückrufen konnte. Sie würde an dem<br />

Ziel landen, auf das sie abgefeuert wurde, oder sie würde vom Kurs abweichen, aber sie war jetzt in der Luft und<br />

konnte nicht mehr von mir beeinflusst werden. Irgendwann in der nächsten Zukunft würde ich aufhören, Marcus<br />

zu sein; dann würde ich eine Person des öffentlichen Interesses werden. Ich wäre der Typ, der das DHS verpfiffen<br />

hatte.<br />

Ich wäre ein Toter auf Abruf.<br />

Ange musste an etwas Ähnliches gedacht haben, denn ihre Gesichtsfarbe changierte jetzt zwischen Weiß und<br />

Grün.<br />

„Jetzt aber nichts wie raus hier“, sagte sie.<br />

x<br />

Anges Mutter und Schwester waren wieder unterwegs, was die Entscheidung erleichterte, wo wir den Abend<br />

verbringen sollten. Die Zeit fürs Abendessen war schon vorbei, aber meine Eltern wussten, dass ich mit Barbara<br />

verabredet war, und würden nicht sauer sein, wenn ich spät heimkäme.<br />

Als wir bei ihr ankamen, hatte ich keinerlei Ambitionen, die Xbox einzustöpseln. Für heute hatte ich mehr als<br />

genug Xnet gehabt. Alles, woran ich denken konnte, war Ange, Ange, Ange. Leben ohne Ange. Wissen, dass Ange<br />

wütend war auf mich. Ange, die womöglich nie mehr mit mir reden würde. Ange, die mich nie wieder küssen<br />

würde.<br />

Sie hatte dasselbe gedacht. Ich konnte es in ihren Augen sehen, als wir die Tür zu ihrem Zimmer schlossen und<br />

einander anschauten. Ich hatte Hunger nach ihr, die Sorte Hunger nach tagelangem Fasten. Wie man sich nach<br />

einem Glas Wasser sehnt, wenn man gerade drei Stunden nonstop Fußball gespielt hat.<br />

Und doch noch ganz anders. Das war mehr. Es war etwas, das ich noch nie gefühlt hatte. Ich wollte sie am Stück<br />

essen, mit Haut und Haaren verschlingen.<br />

Bis zu diesem Moment war sie in unserer Beziehung die Sexuelle gewesen. Ich hatte es ihr überlassen, das Tempo<br />

vorzugeben und zu kontrollieren. Ich empfand es als unglaublich erotisch, sie nach mir greifen, sie mein Shirt ausziehen,<br />

sie mein Gesicht an das ihre heranziehen zu lassen.<br />

Aber heute Nacht konnte ich mich nicht zurückhalten. Und ich wollte mich nicht zurückhalten.<br />

Mit dem Klicken der Tür hinter uns griff ich nach dem Saum ihres T-Shirts und zog; ließ ihr kaum die Zeit, die<br />

Arme zu heben, während ich es ihr über den Kopf zerrte. Dann riss ich mir mein Shirt über den Kopf und hörte<br />

das Knistern der Baumwolle, als die Nähte platzten.<br />

Ihre Augen leuchteten, ihr Mund war offen, ihr Atem schnell und flach. Meiner ebenfalls, und mein Atem und<br />

mein Herz und mein Blut pochten, nein, brüllten in meinen Ohren.<br />

Dem Rest unserer Kleidung widmete ich mich mit demselben Eifer, warf ihn zu den Haufen schmutziger und<br />

sauberer Wäsche auf dem Boden. Überall auf dem Bett lagen Bücher und Zettel verstreut, die ich einfach beiseite<br />

fegte. Wir landeten auf dem ungemachten Bett, Arme umeinander geschlungen, so fest, als ob wir einander durchdringen<br />

wollten. Sie stöhnte in meinen Mund, und ich gab den Ton zurück; ich fühlte ihre Stimme in meinen<br />

Stimmbändern vibrieren, ein Gefühl intimer als alles, was ich jemals gefühlt hatte.<br />

Cory Doctorow: Little Brother x

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