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kapitel 1 - adamas.ai

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Ja, das ist es meistens. Wohin führste mich aus?<br />

> Ausführen?<br />

> Bei unserem nächsten Abenteuer?<br />

> Hatte noch nichts geplant<br />

> Okay, dann sag ich, wohin. Freitag, Dolores Park. Illegales Open-Air-Konzert. Komm da hin, oder du<br />

bistn Dodekaeder<br />

> Was noch mal?<br />

> Liest du nicht mal Xnet? Steht an jeder Ecke. Schon mal von den Speedwhores gehört?<br />

Ich verschluckte mich bald. Das war Trudy Doos Band – DIE Trudy Doo, die Frau, die Jolu und mich dafür bezahlte,<br />

den indienet-Code zu aktualisieren.<br />

> Ja, schon von gehört<br />

> Die planen einen Riesengig und haben wohl noch so fünfzig andere Bands dabei, wollen das auf den Tennisplätzen<br />

machen, mit ihren eigenen Boxentrucks dabei, und die ganze Nacht durchrocken<br />

Ich fühlte mich wie ein Grottenolm. Wie war das denn an mir vorbeigegangen? Auf Valencia gabs diese anarchistische<br />

Buchhandlung, an der ich manchmal auf dem Weg zur Schule vorbeikam; und die hatte ein Poster im Fenster<br />

mit einer alten Revolutionärin, Emma Goldman, mit der Zeile „Wenn ich nicht tanzen kann, dann will ich nichts<br />

mit deiner Revolution zu tun haben.“ Ich hatte meine gesamte Energie darauf verwendet, mit dem Xnet engagierte<br />

Kämpfer zu organisieren, um dem DHS dazwischenzufunken. Aber das hier war ja wohl soo viel cooler. Ein Riesenkonzert<br />

– ich hatte keine Ahnung, wie man so was aufzog, aber ich war froh, dass es Leute gab, die das konnten.<br />

Und wenn ichs mir recht überlegte, dann war ich verdammt stolz drauf, dass sies mit Hilfe des Xnets<br />

organisierten.<br />

x<br />

Am nächsten Tag war ich ein Zombie. Ange und ich hatten bis vier Uhr früh gechattet – na ja, geflirtet. Zum Glück<br />

war Samstag, und ich konnte ausschlafen, aber vor Kater und Übermüdung kriegte ich trotzdem keinen geraden<br />

Gedanken zusammen.<br />

Gegen Mittag mühte ich mich aus dem Bett und raus auf die Straße. Ich wankte rüber zum Türken, um meinen<br />

Kaffee zu kaufen – wenn ich allein war, kaufte ich neuerdings meinen Kaffee immer hier, weil ich das Gefühl<br />

hatte, der Türke und ich seien Mitglieder eines geheimen Clubs.<br />

Auf dem Weg dahin kam ich an einer Menge frischer Graffiti vorbei. Ich mochte die Graffiti im Mission-Viertel;<br />

es war meist riesige, üppige Wandmalerei oder die sarkastischen Schablonenwerke von Kunststudenten. Und ich<br />

mochte es, dass die Tagger in der Mission unter den Augen des DHS immer noch weiter machten. Auch ne Art<br />

Xnet, dachte ich – die mussten auch ihre Methoden haben, rauszukriegen, was los war, woher man Farbe kriegte<br />

und welche Kameras funktionierten. Einige Kameras, merkte ich, waren einfach übergesprüht.<br />

Vielleicht benutzten sie ja das Xnet!<br />

In drei Meter hohen Buchstaben prangten am Bretterzaun eines Schrottplatzes die Worte: TRAU NIEMANDEM<br />

ÜBER 25.<br />

Ich hielt an. War wohl jemand gestern von meiner „Party“ mit einer Farbdose hier vorbeigekommen? Ne Menge<br />

von den Leuten lebte hier im Viertel.<br />

Ich holte meinen Kaffee und stratzte dann ein bisschen durch die Stadt. Dabei dachte ich die ganze Zeit, eigentlich<br />

müsste ich jemanden anrufen, ob wir uns einen Film ausleihen wollten oder so. So war es immer gewesen an faulen<br />

Samstagen wie heute. Aber wen sollte ich anrufen? Van redete nicht mit mir, ich glaubte nicht, schon wieder<br />

mit Jolu sprechen zu können, und Darryl …<br />

Nun, Darryl konnte ich nicht anrufen.<br />

Also holte ich noch einen Kaffee, ging heim und suchte ein bisschen in den Blogs im Xnet herum. Diese anonymen<br />

Blogs konnten keinem bestimmten Autor zugeordnet werden – es sei denn, der Autor war blöd genug,<br />

seinen Namen drüberzuschreiben –, und es gab eine ganze Menge davon. Die meisten waren unpolitisch, etliche<br />

aber auch nicht. Dort schrieben sie über Schulen und wie unf<strong>ai</strong>r es dort war. Sie schrieben über die Bullen und<br />

übers Tagging.<br />

x Cory Doctorow: Little Brother

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