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Kapitel 21<br />
Dieses Kapitel ist Pages Books in Toronto, Kanada gewidmet. Pages gehört schon seit ewig zum Inventar auf der mega-angesagten Queen Street West;<br />
er liegt gegenüber von CityTV und nur ein paar Türen entfernt vom alten Bakka, wo ich arbeitete. Wir bei Bakka fanden es großartig, Pages in<br />
derselben Straße zu haben – was wir für Science Fiction waren, waren sie dort für alles andere: handverlesenes Material, Sachen, die du sonst<br />
niemals finden würdest; Sachen, von denen du gar nicht wusstest, dass du sie suchst, bis du sie dort siehst. Pages hat außerdem eine der besten<br />
Zeitschriften-Abteilungen, die ich je gesehen habe, reihenweise unglaubliche Magazine aus der ganzen Welt.<br />
Pages Books http://pagesbooks.ca/ 256 Queen St W, Toronto, ON M5V 1Z8 Canada +1 416 598 1447<br />
ann ließen sie mich und Barbara im Zimmer allein, und ich benutzte den funktionierenden Duschkopf, um<br />
Dmich abzubrausen – jetzt plötzlich war es mir peinlich, bepisst und bespuckt dazustehen. Als ich fertig war,<br />
weinte Barbara.<br />
„Deine Eltern …“, fing sie an.<br />
Ich dachte, ich müsse gleich wieder spucken. Oh Gott, meine arme Familie. Was mussten die bloß durchgemacht<br />
haben.<br />
„Sind sie hier?“<br />
„Nein“, sagte sie. „Das ist kompliziert.“<br />
„Was?“<br />
„Du bist immer noch in Haft, Marcus. Jeder hier ist noch in Haft. Sie können hier nicht einfach reinsausen und alle<br />
Türen aufreißen. Jeder hier muss durch die reguläre Strafgerichtsbarkeit geschleust werden. Und das könnte, also,<br />
es könnte Monate dauern.“<br />
„Ich soll noch monatelang hier bleiben?“<br />
Sie fasste mich bei den Händen. „Nein, ich denke, wir werden das anfechten und dich ziemlich schnell auf Kaution<br />
rausbekommen. Aber ‚ziemlich schnell‘ ist relativ. Ich würde nicht damit rechnen, dass heute noch was passiert.<br />
Und es wird nicht mehr so sein wie bei diesen Leuten. Es wird human sein. Es wird richtiges Essen geben. Keine<br />
Befragungen. Besuche von deiner Familie.<br />
Nur weil das DHS raus ist, kannst du noch lange nicht einfach so von hier verschwinden. Was gerade passiert ist,<br />
das ist, dass wir die Bizarro-Version ihres Justizsystems gekippt haben und wieder das alte System einführen. Das<br />
System mit Richtern, öffentlichen Verhandlungen und Anwälten.<br />
Wir könnten also versuchen, dich in eine Jugendstrafanstalt auf dem Festland zu verlegen, aber Marcus, diese Orte<br />
können wirklich heftig sein. Sehr, sehr hart. Dies hier könnte für dich der beste Platz sein, bis wir dich auf Kaution<br />
freibekommen.“<br />
Auf Kaution freibekommen. Na klar. Ich war ein Krimineller – ich war noch nicht angeklagt, aber das mussten<br />
wohl Dutzende von Anklagepunkten sein, die sie gegen mich auffahren konnten. Es war ja praktisch illegal, auch<br />
nur unreine Gedanken über die Regierung zu denken.<br />
Sie drückte wieder meine Hände. „Es ist Mist, aber so muss es nun mal laufen. Hauptsache, es ist vorbei. Der Gouverneur<br />
hat das DHS rausgeworfen und alle Checkpoints abgebaut. Der Staatsanwalt hat Haftbefehle gegen alle<br />
Vollstreckungsbeamten erlassen, die in ‚Stressbefragungen‘ und Geheimgefängnisse involviert waren. Die werden<br />
alle in den Knast wandern, und zwar wegen allem, was du getan hast, Marcus.“<br />
Ich war wie betäubt. Ich hörte die Worte, aber ich begriff ihren Sinn nicht. Irgendwie war es vorbei, aber auch<br />
wieder nicht.<br />
„Hör mal“, sagte sie. „Wir haben vielleicht noch eine oder zwei Stunden, bevor sich das hier alles wieder beruhigt<br />
und sie kommen, um dich wieder einzusperren. Was willst du machen? Am Strand spazierengehen? Etwas essen?<br />
Diese Leute hier hatten ein unglaubliches Stabskasino – das haben wir auf dem Weg hier rein geplündert. Essen<br />
vom Allerfeinsten.“<br />
Endlich eine Frage, die ich beantworten konnte. „Ich will Ange finden. Und ich will Darryl finden.“<br />
x<br />
Ich versuchte ihre Zellennummern in einem Computer nachzuschauen, aber der verlangte ein Passwort, und so<br />
blieb uns nichts übrig, als die Flure entlangzuwandern und ihre Namen zu rufen. Von hinter den Zellentüren riefen<br />
Gefangene uns etwas zurück, weinten oder bettelten uns an, sie gehen zu lassen. Sie begriffen noch nicht, was<br />
Cory Doctorow: Little Brother x