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zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH

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198<br />

chen Leser von Info DaF mehrheitlich aus<br />

diesem Kreis stammen, möchte der Rezensent<br />

– selbst in über 40-jähriger DaF-<br />

Lehrtätigkeit mit Fragen der syntaktischsemantischen<br />

Satzstruktur und ihrer<br />

spracherwerbs- und -gebrauchsfördernden<br />

Darstellung und Interiorisierung beschäftigt<br />

(s. etwa Hinkel 2000 und i. E.) –<br />

neben der Beschreibung der Inhalte für<br />

linguistisch interessierte Leser auch die<br />

Interessen des Praktikers in der Beurteilung<br />

des unterrichtlichen Nutzens dieser<br />

Theorien berücksichtigen, auch wenn<br />

letzteres nicht primäres Anliegen der<br />

Herausgeber war. Die Wissenschaften<br />

bieten uns Hypothesen und Konjekturen,<br />

urteilte schon Einstein, und für Popper<br />

sind sie gar »Hypothesen von Erfindungen«.<br />

Machen wir also den »proof of the<br />

pudding«, der bekanntlich »in the eating«<br />

liegt, und nehmen wir eine DaFdidaktische<br />

Sicht ein.<br />

Nun sind ja semantische Rollen für den<br />

DaF-Praktiker gewiß nichts Unbekanntes.<br />

Schon die traditionelle Grammatik,<br />

insbesondere ihr Zweig der Inhaltsgrammatik,<br />

versuchte, die Teile des Satzes<br />

inhaltlich zu interpretieren, und seit der<br />

Verbreitung des Valenzmodells sind semantische<br />

Definitionen der Leerstellen<br />

des Verbs zum Teil sogar in Lehrbücher<br />

aufgenommen worden. So erschien/erscheint<br />

z. B. das Dativobjekt unter Bezeichnungen<br />

wie indirektes Objekt, Zuwendgröße,Adressat/Empfänger/Rezipient,<br />

Nutznießer/Benefizient, das Prädikatsnomen<br />

als Art- und Gleichsetzungsergänzung<br />

usw.; ebenso sind etwa<br />

situative und direkte Ergänzungen Klassifizierungen,<br />

die sich explizit auf die<br />

Bedeutungsrelationen im Satz beziehen.<br />

Die Frage ist, ob und wie die Kenntnis<br />

dieser Rollen dem Lerner weiterhelfen<br />

kann, wenn sowohl Subjekt als auch<br />

Objekt einen Rezipienten, Experiencer,<br />

Instrument, Ort und andere Kasusrollen,<br />

ja sogar Agens oder Patiens repräsentie-<br />

ren können. Welche Lernhilfe stellt es<br />

etwa dar herauszufinden, ob im Satz Ich<br />

liebe dich das Subjekt Agens, Causador,<br />

Experiencer oder was sonst ist? Denn ob<br />

die Liebe eine (aktive) Handlung, ein<br />

(passiver) Zustand oder ein Prozeß (Vorgang)<br />

ist, ist wohl eher eine philosophische<br />

Frage. Bei einwertigen Prädikaten<br />

(absoluten Verben) ist es ohnehin belanglos,<br />

welchen semantischen Status das<br />

Subjekt innehat – es ist ja das einzige<br />

Argument und Satzglied. In Er leidet stellt<br />

es zwar fraglos semantisch ein Patiens<br />

(»Erleidender«) dar, aber vom sprachlichperspektivischen<br />

Standpunkt eben doch<br />

ein – wenn auch wenig prototypisches –<br />

Agens (»Täter«), oder wie immer man es<br />

nennen mag, eben den syntaktisch homogenen,<br />

privilegierten, verb-unabhängigen<br />

und prädikatsexternen Subjektaktanten,<br />

den sog. Satzgegenstand, die Ausgangsgröße,<br />

die Nennung oder Setzung,<br />

das ranghöchste oder »linkeste« Argument<br />

der logischen Satzstruktur und<br />

Szenenkonstellation. Den Lerner interessieren<br />

nämlich zuvorderst die sprachspezifischen<br />

syntaktischen Funktionen (und<br />

ihre morphologische Realisierung) und<br />

viel weniger die eher universalen semantischen<br />

Rollen, vor allem, wenn diese<br />

nicht eindeutig und direkt auf die – und<br />

nur eine – entsprechende Satzgliedposition<br />

hinweisen. So ist das Wissen, daß<br />

etwa im Satzpaar Das mag ich / Das gefällt<br />

mir die jeweils linke NP ein Protopatiens<br />

(Empfundenes) und die rechte ein Protoagens<br />

(Empfindender, Experiencer) repräsentieren,<br />

für den lernenden Sprachbenutzer<br />

weniger erleuchtend als die<br />

Intuition, daß Das einmal in der Subjektund<br />

einmal in der (Akkusativ-)Objektposition<br />

steht, aufgrund der Verbbedeutung<br />

und Perspektivierung also invertiert ist.<br />

Begrüßte nicht de Gaulle Adenauer bei<br />

dessen erstem Staatsbesuch in Paris mit<br />

der Frage »Wie gehen Sie?«?

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