zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH
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trainingsprogramm leitet die Autorin aus<br />
einer Diskussion der in der Literatur vorgelegten<br />
Prinzipien und Erfahrungen ab,<br />
die Probandengruppe ist ein Französisch-<br />
Kurs (Frz. als dritte Fremdsprache) im<br />
dritten Lernjahr. Metakognitive Hinweise<br />
zum Lernen und die Vermittlung der sieben<br />
Ordnungsprinzipien des mentalen<br />
Lexikons waren u. a. Grundlage des Trainings:<br />
Begriffsnetz, Merkmalsnetz, syntagmatisches<br />
Netz, Sachnetz, Wortfamilie,<br />
Klangnetz, affektives Netz. Wortnetze<br />
sind im umfangreichen Anhang abgedruckt,<br />
die farbig zu realisierenden Wortnetze<br />
(jedes Teilnetz ist farbig kodiert)<br />
können unter http://www.fu-berlin.de/<br />
romandid/anhangdissneveling/index.htm<br />
heruntergeladen werden.<br />
Die insgesamt vier Sequenzen erstreckten<br />
sich über anderthalb Jahre, als Ergebnis<br />
kann Neveling konstatieren, daß die<br />
angewandte Strategie für alle Speicherstadien<br />
»äußerst nützlich und erfolgreich«<br />
(257) ist. Bestimmte Teilnetze sind<br />
dabei behaltensdienlicher, so die Wortfamilien,<br />
Begriffs- und affektiven Netze.<br />
Das Sachnetz, das in der Literatur auch<br />
als besonders effektiv beschrieben wird,<br />
und das syntagmatische Netz sind im<br />
langfristigen Speichern etwas weniger<br />
behaltenseffektiv; als Erklärung hierfür<br />
dient einmal die Versuchsdurchführung<br />
(Sachnetze sollten stärker »verknotet«<br />
werden), erstaunlich aber die Folgerung,<br />
in Zukunft »dem paradigmatischen Vernetzen<br />
größeren Wert als dem syntagmatischen<br />
beizumessen« (262). Hier ist sicher<br />
noch Klärungsbedarf, hat man im<br />
Wortschatz – so die überspitzt-provokante<br />
These Hausmanns – doch keine<br />
syntagmatische Wahlfreiheit, weil dort<br />
alles idiomatisch sei (1993: 474); gerade<br />
den syntagmatischen Beziehungen ist<br />
m. E. also beim lexikalischen Lernen verstärkt<br />
Aufmerksamkeit zu widmen.<br />
Eine Jahresbefragung sollte ermitteln, inwieweit<br />
die Probanden im <strong>zur</strong>ückliegen-<br />
225<br />
den Zeitraum die Wörternetz-Strategie<br />
angewendet hatten. Die Schüler/innen<br />
bewerteten diese Strategie als die objektiv<br />
nützlichste (331) und verbanden mit<br />
ihr Lernfreude (332), setzten sie aber<br />
kaum noch ein! Gründe dafür sind einmal<br />
der für die Wörternetzkonstruktion<br />
hohe Zeitaufwand, dann die jahrelange<br />
Gewohnheit des (kurzfristig in Grenzen<br />
erfolgreichen, aber lt. Umfrage, 342) »stupiden<br />
und monotonen« Listenlernens,<br />
schließlich unterrichtsinduzierte bad habits:<br />
Vokabeltests sind eben zumeist als<br />
Vokabelgleichungen konzipiert, wo individuell<br />
realisierte, vielleicht sogar affektiv<br />
aufgeladene Verknüpfungen keine<br />
Rolle spielen (dürfen).<br />
369 Seiten mit Anhang müssen erst einmal<br />
gelesen sein, die Darstellung ist streckenweise<br />
sehr leserfreundlich, in anderen Teilen<br />
stört das sehr, was Dissertationen ausmacht,<br />
die Herleitung von Thesen aus der<br />
Literatur, die genaue Diskussion des eigenen<br />
Vorgehens, die Präsentation der Belege<br />
und quantitativer Ergebnisse in Tabellen<br />
und Graphiken. Auf langfristiges<br />
lexikalisches Speichern hin angelegt, so<br />
die für mich wichtigste Schlußfolgerung,<br />
sind Wörternetze eine effektive Lernstrategie.<br />
Als Kurzfassung empfehle ich einen<br />
Aufsatz, den Neveling ebenfalls 2004 in<br />
einem Sammelband veröffentlicht hat, der<br />
in seinem Titel beide maßgeblichen behaltensdienlichen<br />
Charakteristika des Wörternetz-Verfahrens<br />
aufweist: Emotion und<br />
Kognition.<br />
Literatur<br />
Hausmann, Franz Josef: »Ist der deutsche<br />
Wortschatz lernbar? Oder: Wortschatz ist<br />
Chaos«, Info DaF 20 (1993), 471–485.<br />
Neveling, Christiane: »Wörterlernen mit<br />
Wörternetzen – eine kognitiv-affektive<br />
Strategie.« In: Börner, Wolfgang; Vogel,<br />
Klaus (Hrsg.): Emotion und Kognition im<br />
Fremdsprachenunterricht. Tübingen: Narr,<br />
2004, 190–216.