zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH
zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH
zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
weise für den Unterricht und die Erstellung<br />
von Materialien gegeben werden.<br />
Über die durch die Lehrwerke vorgegebenen<br />
Schwerpunkte hinaus integriert<br />
die Autorin auch ein Kapitel über »Dominanzkulturelle<br />
Probleme interkultureller<br />
Fremdsprachendidaktik« (263 ff.). Die<br />
hier dargestellten Probleme machen auf<br />
beeindruckende Weise deutlich, »daß<br />
Fehlkommunikation nicht zwangsläufig<br />
in unterschiedlichen kulturspezifischen<br />
Codes begründet liegt, sondern auch<br />
durch Fremd- und Selbstzuschreibungen<br />
bedingt sein kann, die der Sicherung<br />
ethnischer Grenzen dienen« (262). Mit<br />
ihrer Vorgehensweise distanziert sich<br />
Röttger ausdrücklich von (vermeintlich)<br />
objektivistischen Vorgehensweisen bei<br />
der Beschreibung anderer Kulturen und<br />
schließt sich Positionen an, die anerkennen,<br />
daß Wissenschaftler keine objektiven,<br />
autoritativen Beobachter sein können,<br />
die über interpretative Omnipotenz<br />
verfügen, sondern daß Schreiben in<br />
mehrfacher Hinsicht, so z. B. institutionell,<br />
politisch und historisch, determiniert<br />
ist. Insgesamt liegt bei Röttger ein<br />
äußerst differenziertes qualitatives Untersuchungsdesign<br />
vor, das dem selbstreflexiven<br />
Anspruch der Verfasserin und<br />
den Anforderungen an ein qualitatives<br />
Vorgehen zu einem solchen Thema in<br />
besonders hohem Maße gerecht wird und<br />
zudem Modellcharakter für vergleichbare<br />
Untersuchungen hat. Dies stellt<br />
auch das Nachwort unter Beweis, in dem<br />
sich die Verfasserin mit ersten Reaktionen<br />
auf die eigenen Untersuchungsergebnisse<br />
kritisch auseinandersetzt.<br />
Neben dem Verfahren der Methoden-<br />
Triangulation wendet Röttger auch die<br />
Perspektiven-Triangulation an, bei der so<br />
weit wie möglich mündliche und schriftliche<br />
griechische Stimmen und damit<br />
zahlreiche Innenperspektiven einbezogen<br />
werden. Beispielsweise werden vier<br />
verschiedene Sichtweisen auf die Lehr-<br />
239<br />
werke Sprachbrücke und Sichtwechsel vorgestellt.<br />
Auf diese Weise wird gezeigt,<br />
daß die Lehrwerke in unterschiedlichen<br />
Kontexten unterschiedliche Bewertungen<br />
erfahren, die jeweilige Gültigkeit für<br />
sich beanspruchen können. Das Untersuchungsverfahren<br />
kann ferner verdeutlichen,<br />
daß – entgegen der Aussage einiger<br />
Interviewpartner/-innen – nicht nur das<br />
griechische Bildungssystem für die geringe<br />
Verbreitung interkulturellen<br />
Fremdsprachenlernens in Griechenland<br />
verantwortlich ist, verantwortlich sind<br />
ebenso der große Einfluß der wenig<br />
interkulturell ausgerichteten Prüfungen<br />
des Goethe-Instituts (40 % der weltweiten<br />
Prüfungen der Goethe-Institute finden<br />
in Griechenland statt!), die zu starke<br />
Anpassung an regionale Lehr- und Lernbedingungen<br />
(299) und die auf dem<br />
Markt nur in geringer Zahl vorhandenen<br />
interkulturellen Lehrwerke.<br />
Schließlich zeigt die Studie, daß Lehrende,<br />
die mit interkulturellen Lehrwerken<br />
unterrichten (müssen), vielfältige<br />
Schwierigkeiten haben, auch wenn sie –<br />
wie in Griechenland – überdurchschnittliche<br />
sprachliche und fachliche Kenntnisse<br />
besitzen. Ursachen sind die fehlende<br />
interkulturelle Fortbildung, eine im<br />
Grunde aus Deutschland »importierte«,<br />
ungenaue Vorstellung vom interkulturellen<br />
Lernen sowie ein unter Umständen<br />
negativ besetztes, griechisches oder deutsches<br />
Fremd- oder Eigenbild, das der<br />
Relativierung von Stereotypen seitens<br />
der Lehrenden entgegensteht. Ferner liefert<br />
die Untersuchung ein erstes Stück<br />
konkreter Lehrwerk-Wirkungsforschung,<br />
indem sie zeigt, was Lehrwerke<br />
in einem konkreten unterrichtlichen und<br />
fremdsprachendidaktischen Umfeld leisten<br />
können. Von besonderem Interesse<br />
erscheint hierbei die in Griechenland<br />
sehr unterschiedliche Akzeptanz von<br />
Sprachbrücke, das tendenziell positiv gesehen<br />
wird, und Sichtwechsel, das starke