15.11.2012 Aufrufe

zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH

zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH

zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

kommt zu dem Ergebnis, daß Assimilation<br />

nicht einfach einen Vorgang bezeichnet,<br />

der von außen auferlegt wird, und<br />

daß Assimilation nicht mit Anpassung<br />

identisch ist (91). Am Beispiel der Scheintod-Debatte<br />

bei Juden analysiert sie umfassend,<br />

wie sich in modernen Gesellschaften<br />

kollektive Identitäten entwikkeln.<br />

Der Beitrag von Kien Nghi Ha konzentriert<br />

sich auf die Herausarbeitung der<br />

historischen Begriffsentwicklung von<br />

»Hybridität«. Er kritisiert den positiv<br />

besetzten »Hybriditätsbegriff« in der<br />

deutschsprachigen Rezeption und im<br />

postkolonialen Diskurs. In Anbetracht<br />

dessen, daß die Bezeichnung »Hybridität«<br />

besonders im postkolonialen Diskurs<br />

des 21. Jahrhunderts zum Modewort<br />

avanciert ist, verweist er zu Recht darauf,<br />

daß diesem Begriff eine negativ-historische<br />

Konnektierung anhängt und diese<br />

nicht verdrängt werden sollte. Sondern,<br />

wie der Autor zum Schluß noch einmal<br />

explizit auffordert, eher kritisch-analytisch<br />

als normativ verwendet werden<br />

muß.<br />

Arnold Groh problematisiert aktuelle<br />

Phänomene des Kulturwandels, dessen<br />

Ursache er im weltweiten Globalisierungsprozeß<br />

begründet sieht. Kritisch<br />

steht er dem Einfluß der Industriekultur<br />

auf indigene Kulturen gegenüber und<br />

porträtiert, ausgehend von einer zeichentheoretischen<br />

Perspektive, einen facettenreichen<br />

Einblick in den kulturellen<br />

Umsturz von Individuen, die tradierte<br />

Kulturelemente »unfreiwillig« durch externe<br />

ersetzen. Weiterhin diskutiert er die<br />

Frage, wie der zeichenliefernde Mensch<br />

aus der Dominanzkultur sich verhalten<br />

kann, um die traditionellen Kulturen zu<br />

erhalten, und fordert eine Operationalisierung<br />

von rescue work auf Seiten der<br />

Dominanten.<br />

Richard Shustermann behandelt in seinem<br />

sehr sympathischen Beitrag das<br />

205<br />

Phänomen »Multikulturalismus« aus einer<br />

zum Teil sehr persönlichen philosophischen<br />

Perspektive heraus und versteht<br />

diesen Begriff genauso ambivalent<br />

und umstritten wie das Schlüsselwort<br />

»Globalisierung«. Dabei bezieht er sich<br />

nicht nur auf Soziologen wie Bourdieu,<br />

Habermas, Taylor, Gadamer und Eliot,<br />

sondern läßt eigene persönliche Erfahrungen<br />

in seine kritische Darstellung<br />

mit einfließen. Shusterman, selber »Binationaler«<br />

(jüdisch-amerikanischer<br />

Staatsbürger), geprägt durch multikulturelle<br />

Erfahrungen, erkennt seine eigenen<br />

Ambiguitäten und Ambivalenzen,<br />

als er sich in eine »Schönheit japanischer<br />

Herkunft« verliebt. Ein sehr erfrischender<br />

Beitrag von einem Wissenschaftler,<br />

der sich einmal traut, Wissenschaftliches<br />

und Persönliches zusammenfließen zu<br />

lassen.<br />

Der Band endet mit einem Essay von<br />

Chantal Chawaf über Humanität, Identität<br />

und Sprache. Die Autorin geht dem<br />

Akt des Schreibens nach. Ein sehr persönlicher<br />

und impulsgebender Beitrag, um<br />

sich bewußt immer wieder dem Akt des<br />

Schreibens zu stellen, um u. a. »zu den<br />

leiblichen Wurzeln seines Wesens <strong>zur</strong>ückzukehren«<br />

(254).<br />

Resümierend kann gesagt werden, daß<br />

der Herausgeberin ein anspruchsvoller,<br />

vielseitiger, wissenschaftlich ertragreicher<br />

Band zu einigen aktuellen Fragestellungen<br />

über Identitätsbildungsprozesse<br />

gelungen ist. Sinnvoll und wünschenswert<br />

wäre eine kurze Biographie der<br />

Beiträger/Innen am Ende des Sammelbandes.<br />

Die zahlreichen Fußnoten in fast<br />

allen Arbeiten stören nicht, im Gegenteil,<br />

sie regen zum Teil eher an, sich intensiver<br />

in das Thema zu vertiefen. Abschließen<br />

möchte ich mit den Worten »Rap: More<br />

than Words.« So lautet der Titel des<br />

angekündigten, vierten Sammelbandes.<br />

Man darf gespannt sein!

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!