zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH
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hochfrequentes Wort. Soll man deshalb in<br />
der Grundstufe nur die häufigen Freitag,<br />
Samstag und Sonntag unterrichten, Montag,<br />
Mittwoch und Donnerstag in der Mittelstufe<br />
und Dienstag erst in der Oberstufe?<br />
»Die un<strong>zur</strong>eichende Berücksichtigung lexikalischer<br />
Bedeutungsstrukturen gibt<br />
keinerlei Anlass zu glauben, dass derjenige,<br />
der einen auf Frequenzbasis erstellten<br />
Grundwortschatz beherrscht, Deutsch<br />
verstehen und sich auf Deutsch hinreichend<br />
verständlich machen kann.« (19)<br />
Immerhin kamen im Laufe der Frequenzforschung<br />
durch technische Innovationen<br />
wie das Tonbandgerät neben schriftlichen<br />
Korpora zunehmend auch mündliche<br />
Korpora ins Blickfeld – bedingt durch den<br />
ungleich größeren (und damit teureren)<br />
Aufwand ihrer Transkription sind sie jedoch<br />
bis heute nicht in dem Maße ausgewertet<br />
wie schriftliche Korpora, wo es<br />
doch im Computerzeitalter ein Leichtes<br />
ist, jeden Morgen die Online-Texte von einem<br />
Dutzend Tageszeitungen durch den<br />
Rechner zu jagen und statistisch auswerten<br />
zu lassen. Leider geht Schnörch auf<br />
dieses Problem noch nicht umfassend ein,<br />
obwohl er es klar erkannt hat: »Zwei nahezu<br />
identische Korpora und ein darauf<br />
beruhender Grundwortschatz sind also<br />
vom kommunikativen Standpunkt nicht<br />
gleichzusetzen mit ihrer praktischen Anwendung<br />
in gesprochener und geschriebener<br />
Sprache.« (80) Hier wird, gerade wegen<br />
der Fragestellungen der Sprachdidaktik,<br />
noch intensiv weiter zu forschen sein.<br />
Aus welchen Gründen kann man dann<br />
also berechtigterweise ein Wort zum zentralen<br />
Wortschatz zählen, es für »brauchbar«<br />
oder »wichtig« halten? Je nach<br />
intendierter Anwendung können das<br />
sehr verschiedene Kriterien sein, was<br />
notwendig zu verschiedenen Kombinationen<br />
derselben führen wird und damit<br />
zu verschiedenen Ergebnissen. Schnörch<br />
nennt u. a. stilistische Neutralität, Grundbegrifflichkeit,<br />
semantische Expansions-<br />
fähigkeit, Kompositionsfähigkeit, Derivationsfähigkeit,<br />
idiomatische Verwendungsbreite,<br />
Unentbehrlichkeit, Gebrauchswichtigkeit<br />
(17) ebenso wie semantischer<br />
Wert, Bindefähigkeit, Polysemie,<br />
struktur-, wort- und textbildende<br />
Fähigkeit (18), Fähigkeit zu Präfigierungen<br />
(292) und anderes mehr.<br />
Aus der Sicht des Deutsch-als-Fremdsprache-Unterrichts<br />
fallen einem leicht<br />
noch weitere Kriterien ein wie z. B. die<br />
Nähe zu Internationalismen, die Derivationsfähigkeit<br />
bezüglich anderer Weltsprachen,<br />
der funktionale Wert in Zusammenhang<br />
mit Deixis und Proxemik,<br />
die Möglichkeit der generischen Verwendung,<br />
die Brauchbarkeit für den Einsatz<br />
in evasiven Strategien usw. Je mehr<br />
pragmatische Kriterien in die Definition<br />
des Grundwortschatzes eingebracht werden,<br />
umso größer wird jedoch der Interpretationsspielraum,<br />
und schließlich<br />
wird »der Grundwortschatz« <strong>zur</strong> lexikographischen<br />
Fiktion. Daraus erwächst<br />
der Zwang, der Kriterienauswahl eine<br />
bestimmte Perspektivierung vorzugeben,<br />
um einen Grundwortschatz festzulegen.<br />
Schnörch hat sich dafür entschieden,<br />
bei seiner Untersuchung diese Perspektivierung<br />
entlang der zentralen sprachdidaktischen<br />
Frage zu entwickeln, welche<br />
Wörter im Spracherwerb vermittelt werden<br />
sollen. »Im Gegensatz zu den weitgehend<br />
geschlossenen Systemen der Lautung,<br />
der Morphologie und […] der<br />
Syntax, wird die Lexik als die einzige<br />
Komponente angesehen, die quantitativ<br />
reduzierbar ist.« (12) Doch das wäre noch<br />
zu kurz geschlossen, weil es nicht allein<br />
um die mögliche Reduzierung geht – die<br />
Frage der Sprachdidaktik ist weit komplexer:<br />
Wann muß ich welches Wort<br />
einführen, um in möglichst kurzer Zeit<br />
ein möglichst hohes Maß an Kommunikationsfähigkeit<br />
zu erreichen? Folglich<br />
spricht Schnörch auch davon, daß sich<br />
»die Blickrichtung demnach geändert