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zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH

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248<br />

hochfrequentes Wort. Soll man deshalb in<br />

der Grundstufe nur die häufigen Freitag,<br />

Samstag und Sonntag unterrichten, Montag,<br />

Mittwoch und Donnerstag in der Mittelstufe<br />

und Dienstag erst in der Oberstufe?<br />

»Die un<strong>zur</strong>eichende Berücksichtigung lexikalischer<br />

Bedeutungsstrukturen gibt<br />

keinerlei Anlass zu glauben, dass derjenige,<br />

der einen auf Frequenzbasis erstellten<br />

Grundwortschatz beherrscht, Deutsch<br />

verstehen und sich auf Deutsch hinreichend<br />

verständlich machen kann.« (19)<br />

Immerhin kamen im Laufe der Frequenzforschung<br />

durch technische Innovationen<br />

wie das Tonbandgerät neben schriftlichen<br />

Korpora zunehmend auch mündliche<br />

Korpora ins Blickfeld – bedingt durch den<br />

ungleich größeren (und damit teureren)<br />

Aufwand ihrer Transkription sind sie jedoch<br />

bis heute nicht in dem Maße ausgewertet<br />

wie schriftliche Korpora, wo es<br />

doch im Computerzeitalter ein Leichtes<br />

ist, jeden Morgen die Online-Texte von einem<br />

Dutzend Tageszeitungen durch den<br />

Rechner zu jagen und statistisch auswerten<br />

zu lassen. Leider geht Schnörch auf<br />

dieses Problem noch nicht umfassend ein,<br />

obwohl er es klar erkannt hat: »Zwei nahezu<br />

identische Korpora und ein darauf<br />

beruhender Grundwortschatz sind also<br />

vom kommunikativen Standpunkt nicht<br />

gleichzusetzen mit ihrer praktischen Anwendung<br />

in gesprochener und geschriebener<br />

Sprache.« (80) Hier wird, gerade wegen<br />

der Fragestellungen der Sprachdidaktik,<br />

noch intensiv weiter zu forschen sein.<br />

Aus welchen Gründen kann man dann<br />

also berechtigterweise ein Wort zum zentralen<br />

Wortschatz zählen, es für »brauchbar«<br />

oder »wichtig« halten? Je nach<br />

intendierter Anwendung können das<br />

sehr verschiedene Kriterien sein, was<br />

notwendig zu verschiedenen Kombinationen<br />

derselben führen wird und damit<br />

zu verschiedenen Ergebnissen. Schnörch<br />

nennt u. a. stilistische Neutralität, Grundbegrifflichkeit,<br />

semantische Expansions-<br />

fähigkeit, Kompositionsfähigkeit, Derivationsfähigkeit,<br />

idiomatische Verwendungsbreite,<br />

Unentbehrlichkeit, Gebrauchswichtigkeit<br />

(17) ebenso wie semantischer<br />

Wert, Bindefähigkeit, Polysemie,<br />

struktur-, wort- und textbildende<br />

Fähigkeit (18), Fähigkeit zu Präfigierungen<br />

(292) und anderes mehr.<br />

Aus der Sicht des Deutsch-als-Fremdsprache-Unterrichts<br />

fallen einem leicht<br />

noch weitere Kriterien ein wie z. B. die<br />

Nähe zu Internationalismen, die Derivationsfähigkeit<br />

bezüglich anderer Weltsprachen,<br />

der funktionale Wert in Zusammenhang<br />

mit Deixis und Proxemik,<br />

die Möglichkeit der generischen Verwendung,<br />

die Brauchbarkeit für den Einsatz<br />

in evasiven Strategien usw. Je mehr<br />

pragmatische Kriterien in die Definition<br />

des Grundwortschatzes eingebracht werden,<br />

umso größer wird jedoch der Interpretationsspielraum,<br />

und schließlich<br />

wird »der Grundwortschatz« <strong>zur</strong> lexikographischen<br />

Fiktion. Daraus erwächst<br />

der Zwang, der Kriterienauswahl eine<br />

bestimmte Perspektivierung vorzugeben,<br />

um einen Grundwortschatz festzulegen.<br />

Schnörch hat sich dafür entschieden,<br />

bei seiner Untersuchung diese Perspektivierung<br />

entlang der zentralen sprachdidaktischen<br />

Frage zu entwickeln, welche<br />

Wörter im Spracherwerb vermittelt werden<br />

sollen. »Im Gegensatz zu den weitgehend<br />

geschlossenen Systemen der Lautung,<br />

der Morphologie und […] der<br />

Syntax, wird die Lexik als die einzige<br />

Komponente angesehen, die quantitativ<br />

reduzierbar ist.« (12) Doch das wäre noch<br />

zu kurz geschlossen, weil es nicht allein<br />

um die mögliche Reduzierung geht – die<br />

Frage der Sprachdidaktik ist weit komplexer:<br />

Wann muß ich welches Wort<br />

einführen, um in möglichst kurzer Zeit<br />

ein möglichst hohes Maß an Kommunikationsfähigkeit<br />

zu erreichen? Folglich<br />

spricht Schnörch auch davon, daß sich<br />

»die Blickrichtung demnach geändert

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