zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH
zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH
zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
174<br />
nen im Unterricht zu generieren, es finden<br />
sich auch schon ab den ersten Lektionen<br />
reichlich Partikeln in den Musterdialogen<br />
und Sprechübungen. Sie sollen<br />
Realitätsnähe schaffen, die Lerner anregen,<br />
selbst Partikeln zu verwenden, und<br />
sie bringen die Lehrer immer wieder in<br />
die schwierige Lage, schon Anfängern<br />
die Verwendung sprachlicher Elemente<br />
erklären zu sollen, für die sich, wie<br />
Harald Weydt es im hier besprochenen<br />
Band formuliert, »keine Entsprechungen<br />
in der sogenannten außersprachlichen<br />
Wirklichkeit« angeben lassen.<br />
Die semantische Vagheit der Partikeln,<br />
verbunden mit starker Kontextabhängigkeit<br />
der Bedeutung, wurde schon 1989 als<br />
Grund für die enormen Schwierigkeiten<br />
mit ihnen im DaF-Unterricht benannt,<br />
wozu noch Homonymie, die Überschneidung<br />
mit anderen Wortklassen, die Zugehörigkeit<br />
<strong>zur</strong> gesprochenen Sprache und<br />
das Wirken auf die Beziehung zwischen<br />
den Kommunikationspartnern beitragen<br />
(Muhr 1989).<br />
Und so ist die von Gudrun Held herausgegebene<br />
Sammlung von neunzehn<br />
sprachwissenschaftlichen Aufsätzen allen<br />
DaF-Lehrenden sehr zu empfehlen.<br />
Nicht weil sie eine einfache Lösung<br />
bringen könnte – im Gegenteil, einige<br />
Beiträge warnen vor zu einfachen Lösungen,<br />
und diese Warnungen richten sich<br />
ausdrücklich an die Unterrichtenden im<br />
Bereich Deutsch als Fremdsprache.<br />
Elke Hentschel, die sich in ihrem Aufsatz<br />
»Wenn Partikeln frech werden …« auf<br />
Exklamations- und Interrogativsätze beschränkt,<br />
zeigt, in welchen Kontexten<br />
einzelne Partikeln geradezu unfreundlich<br />
und aggressiv wirken. Vergleicht<br />
man die Frage »Wie geht’s dir denn?« mit<br />
der Frage »Wie siehst du denn aus?«,<br />
sieht man, es ist nicht die Partikel denn,<br />
die alleine über den freundlichen oder<br />
unfreundlichen Charakter einer Äußerung<br />
entscheidet.<br />
Auch der Aufsatz von Manfred Kienpointner,<br />
der Gradpartikeln (z. B.: sogar,<br />
ausgerechnet, genau, insbesondere) und Steigerungspartikeln<br />
(z. B.: sehr, total, weitaus,<br />
einigermaßen) einbezieht, kann auf der<br />
Grundlage eines relativ kleinen Korpus<br />
zeigen, wie Partikeln unhöflich eingesetzt<br />
werden, wenn sie dazu beitragen<br />
sollen, das Gesicht eines anderen zu<br />
bedrohen. Das »Gesicht« gehört zu einer<br />
Begrifflichkeit, der auch die meisten anderen<br />
Beiträge des Bandes in der Beschreibung<br />
der sprachlichen Formen von<br />
Höflichkeit folgen. Das zugrundeliegende<br />
Werk, Brown/Levinsons Politeness.<br />
Some Universals in Language Usage<br />
von 1987, stützt sich auf Goffman. Hier<br />
geht es bei Höflichkeit um das »Gesicht«,<br />
das Selbstbild, das eine Person für sich<br />
beansprucht. Höflichkeit zielt einerseits<br />
darauf, das positive Gesicht des anderen<br />
zu stärken, ihm Lob zukommen zu lassen<br />
und ihm gute Eigenschaften zuzusprechen<br />
(positive Höflichkeit), andererseits<br />
darauf, die Freiheit des anderen, seine<br />
Eigenständigkeit und Autarkie möglichst<br />
nicht oder möglichst wenig zu verletzen<br />
(negative Höflichkeit). Aufgabe der Höflichkeit<br />
ist es, »gesichtsbedrohende<br />
Akte« zu vermeiden oder zu mildern.<br />
Weydt kritisiert in seinem Beitrag ein<br />
folgenreiches Mißverständnis, das bei<br />
Brown/Levinson schon angelegt ist und<br />
dann in der gänzlich falschen Weise<br />
weitertradiert wurde, daß nämlich die<br />
Abtönungspartikeln im Deutschen die<br />
Aufgabe hätten, Aussagen abzuschwächen,<br />
undeutlich zu machen und so der<br />
Höflichkeit zu dienen. Partikeln sind<br />
jedoch gerade verdeutlichend und können<br />
auch verstärkende Wirkung entfalten.<br />
Sie sollen zeigen, daß der »Sprecher<br />
sich Gedanken über den Bewußtseinsstand<br />
des Adressaten macht« (Weydt).<br />
Das werde in jeder Sprachgemeinschaft<br />
als angenehm empfunden. Aber entsprechend<br />
werde ein Adressat sich durch