zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH
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268<br />
Experiments, daß Absätze für die inhaltliche<br />
Gliederung von Texten wichtig<br />
sind, daß Sprecher aber thematische<br />
Übergangsstellen teilweise recht unterschiedlich<br />
wahrnehmen (118).<br />
– Lexikalische Textgliederung: Hier werden<br />
lexikalische Mittel betrachtet, die<br />
»textorganisatorische Schaltstellen«<br />
markieren. Sie stellen kein textkonstitutives<br />
Verfahren dar, Stein stuft sie als<br />
»Komfortmittel« ein.<br />
– Typographische Textgliederung, die als<br />
»visueller Erkennungscode« (141) für<br />
Textsorten dient, teilweise aber auch<br />
selbst semantische Funktionen übernimmt.<br />
Anhand von »Sonderfällen« schriftlicher<br />
Kommunikation, Beispielen konkreter<br />
Poesie und Werbetexten, werden die Ergebnisse<br />
der Darstellung auf konkrete<br />
Texte angewendet. An Fällen, in denen<br />
gegen »normale« Gliederungsverfahren<br />
verstoßen wird, zeigt sich die hohe Erwartbarkeit<br />
und Konventionalisierung<br />
dieser sprachlichen Mittel.<br />
Der zweite Teil (Textgliederung in gesprochener<br />
Sprache) ist insgesamt länger<br />
als der erste. Das liegt wohl vor allem an<br />
den zahlreichen transkribierten Textbeispielen,<br />
die der Autor eingehend analysiert.<br />
Es geht hier vor allem um die Frage,<br />
wie Gesprächsbeiträge gegliedert werden<br />
(Binnengliederung von Sprecherbeiträgen).<br />
In der Forschungsliteratur macht<br />
Stein zwei wichtige, konkurrierende Ansätze<br />
aus: eine intern-syntaktisch argumentierende<br />
und eine extern-kommunikativ<br />
ausgerichtete Richtung; ersterer untersucht<br />
(mögliche) Sätze als Einheiten<br />
der Konstruktion von Beiträgen, letzterer<br />
prosodisch oder lexikalisch markierte<br />
Äußerungen. Stein selbst nimmt hier eine<br />
vermittelnde Position ein. In Anlehnung<br />
an Konzepte einer »pragmatischen Syntax«<br />
beschreibt er die projektive Leistung<br />
syntaktischer Signale. Bestimmte Konstruktionen,<br />
beispielsweise nebensatz-<br />
einleitende Elemente, entlasten den Hörer<br />
kognitiv; er kann bis <strong>zur</strong> Schließung<br />
der Gestalt von Verstehensroutinen profitieren<br />
und seine Aufmerksamkeit auf<br />
andere Signale konzentrieren. Dieser Ansatz<br />
wird an zahlreichen Beispielen verdeutlicht<br />
und vertieft.<br />
Stein weist aber auch auf die Grenzen<br />
einer solchen syntaktischen Betrachtung<br />
hin, vor allem im Rahmen der Diskussion<br />
von Ellipsen in der gesprochenen<br />
Sprache. Er kommt hier zu dem Schluß,<br />
daß eine syntaktische Konzeption von<br />
Vollständigkeit den Befunden unangemessen<br />
ist, daß sogenannte elliptische<br />
Konstruktionen so angelegt sind, daß sie<br />
reibungsloses Verstehen garantieren,<br />
und somit durchaus nicht als defizitär,<br />
unvollständig oder reduzierte Formen<br />
angesehen werden können. Letztlich<br />
wird damit der Begriff der Ellipse überflüssig.<br />
In einem weiteren Kapitel wird schließlich<br />
gezeigt, welche Mittel Sprechern <strong>zur</strong><br />
Verfügung stehen, um die Grenzen von<br />
Einheiten in Gesprächsbeiträgen zu signalisieren.<br />
Hier geht es vor allem um<br />
Prosodie und um lexikalische Mittel.<br />
Insgesamt stellt der Band eine interessante<br />
Integration von verschiedenen linguistischen<br />
Ansätzen dar: es geht um<br />
gesprochene und geschriebene Sprache,<br />
und der Autor greift auf phonologische,<br />
syntaktische, semantische und pragmatische<br />
Begriffe <strong>zur</strong>ück; er kann zeigen, wie<br />
die einzelnen Komponenten der Sprachkompetenz<br />
in komplexen Produktionsund<br />
Rezeptionsprozessen interagieren.<br />
Damit werden zahlreiche inner-linguistische<br />
Disziplingrenzen in produktiver<br />
Weise überwunden, nicht zuletzt wird<br />
auch der immer wieder diskutierte Systemunterschied<br />
zwischen gesprochener<br />
und geschriebener Sprache zumindest<br />
relativiert.<br />
Das Buch stellt sich in den Kontext relativ<br />
spezieller wissenschaftlicher Diskussio-