zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH
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men läßt sich auch an diesem Beispiel<br />
beobachten, daß die Beiträge häufig von<br />
zweifelhafter Qualität sind, daß z. B.<br />
verwendete Begriffe unklar sind, daß<br />
die ganze Debatte unhistorisch oder mit<br />
sehr subjektiv geprägten Argumenten<br />
geführt wird. Wissenschaftlich-nüchterne,<br />
umfassende und auf Fakten basierende<br />
Darstellungen und Analysen sind<br />
daher gerade in diesem Fall eine Bereicherung<br />
des Diskurses. Martin Wengeler<br />
legt mit diesem Buch einen solchen<br />
Beitrag vor.<br />
Topos und Diskurs ist ein Versuch, aus<br />
linguistischer Perspektive eine gesellschaftliche<br />
Debatte zu beleuchten. Das ist<br />
keine Selbstverständlichkeit, denn immerhin<br />
ist und bleibt der wichtigste<br />
Gegenstand der Linguistik ja die Sprache<br />
selbst und gerade nicht die Gegenstände,<br />
über die sich Menschen mit ihrer Hilfe<br />
austauschen oder sogar verständigen.<br />
Eine linguistische Arbeit über die Einwanderungsdebatte<br />
bedarf also einer Reflexion<br />
über die angewendete Methode<br />
und einer präzisen Erklärung der Begriffe.<br />
Wengelers Buch entzieht sich dieser<br />
Notwendigkeit nicht und ist folglich<br />
grob in zwei Teile unterteilbar: Kapitel 1<br />
(»Bedeutung und Sprache in der Geschichtsschreibung«)<br />
und 2 (»Topos-Analyse<br />
als Methode einer sprachwissenschaftlichen<br />
Diskurs- und Mentalitätsgeschichte«)<br />
stellen die methodisch-begrifflichen<br />
Überlegungen in den Mittelpunkt,<br />
das dritte Kapitel (»›Gastarbeiter sind<br />
auch Menschen‹. Eine Diskursgeschichte<br />
der Einwanderung in die Bundesrepublik<br />
Deutschland von 1960–1985«) ist<br />
dem Migrationsdiskurs und damit der<br />
Anwendung der vorher hergeleiteten Begriffe<br />
gewidmet.<br />
Es handelt sich hier um eine überarbeitete<br />
Version von Wengelers Habilitationsschrift,<br />
die an der Heinrich-Heine-<br />
Universität Düsseldorf angenommen<br />
wurde. Das Buch weist dementspre-<br />
chend viele Merkmale auf, die für akademische<br />
Legitimationsschriften charakteristisch<br />
sind: es finden sich etwa<br />
zahlreiche zusammenfassende Passagen<br />
und textinterne Verweise <strong>zur</strong> Gliederung<br />
des Stoffes. Der Autor erleichtert<br />
durch Hinweise zum Stellenwert der<br />
gerade gelesenen Abschnitte im Hinblick<br />
auf den Gesamttext einerseits die<br />
Orientierung im Buch, andererseits können<br />
solche Anmerkungen in dieser Häufung<br />
aber auch leicht ermüdend wirken.<br />
Auch die Untergliederung der beiden<br />
theoretischen Abschnitte ist eher akademisch<br />
ausgerichtet: es werden zahlreiche<br />
einschlägige Ansätze und Autoren<br />
zum jeweiligen Thema nacheinander abgehandelt<br />
und jeweils im Hinblick auf<br />
das eigene Forschungsziel diskutiert.<br />
Dieses Vorgehen hat den Vorteil, daß der<br />
Leser zu jedem relevanten Forschungsansatz<br />
einen konzisen und leicht auffindbaren<br />
Überblick findet, wirkt aber,<br />
wenn man den Band von Anfang bis<br />
Ende durchlesen will, etwas schwerfällig.<br />
Die Universität, an der die Arbeit eingereicht<br />
wurde, ist ein Hinweis auf den<br />
Forschungskontext, in dem der Autor<br />
»zu Hause ist«: dieses Buch ist wie die<br />
zahlreichen anderen veröffentlichten Arbeiten<br />
Wengelers als Teil eines umfassenden<br />
Projekts <strong>zur</strong> Sprachgeschichte der<br />
Nachkriegszeit als Geschichte des öffentlichen<br />
Sprachgebrauchs zu sehen. Das<br />
besondere Augenmerk der Forschergruppe<br />
um Stötzel und Wengeler gilt<br />
dabei seit Jahren der Thematisierung von<br />
Begriffen in öffentlichen Debatten (vgl.<br />
v. a. Stötzel/Wengeler 1995). Wengelers<br />
Buch ist dabei zum einen als Vertiefung<br />
der theoretischen Begründung des seit<br />
Jahren verfolgten Weges anzusehen, zum<br />
anderen aber auch eine Weiterentwicklung.<br />
Es geht auch hier um Sprachgeschichtsschreibung<br />
am Beispiel der Analyse<br />
eines großen öffentlichen Themas