zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH
zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH
zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
folgt, ist dies: »Wer das begreift, hat 100<br />
Punkte.« (205)<br />
Die Anlage des Bandes ist im ersten Teil<br />
recht konventionell gattungsorientiert:<br />
»Lyrische Texte«, »Erzähltexte«, »Dramatische<br />
Texte« heißen die ersten Kapitel,<br />
die um den Teil »Hörspiel, Song und<br />
Film« ergänzt werden – eine gelungene<br />
Erweiterung, die in dieser Konsequenz in<br />
den meisten Einführungen fehlt. Es folgen<br />
»Literarische Techniken« und<br />
»Grundzüge der deutschsprachigen Literaturgeschichte«.<br />
Die letzten drei Kapitel<br />
stellen Innovationen dar; überschrieben<br />
sind sie mit »Kanon und literarische<br />
Wertung«, »Literaturtheorie« und »Praktisches«.<br />
»Statt eines Nachworts« wird<br />
gefragt: »Wozu Literaturwissenschaft?«<br />
Die einzelnen Kapitel enthalten eine vorangestellte<br />
Zusammenfassung, im folgenden<br />
kurze Texte zu jeweiligen Stichworten,<br />
eine Beispielanalyse, abschließend<br />
»wichtige Begriffe zu diesem Kapitel«<br />
sowie ein Kurzverzeichnis weiterführender<br />
Literatur.<br />
Sehen wir uns exemplarisch ein Kapitel<br />
etwas genauer an, und zwar das Kapitel<br />
8 »Kanon und literarische Wertung«.<br />
Die Einleitung ist – etwas telegen – mit<br />
»Der Kanon, das unbekannte Wesen«<br />
überschrieben und skizziert die grundlegenden<br />
Pole »Es gibt einen Kanon«<br />
und »Es gibt keinen Kanon« (176). Vertieft<br />
werden diese Positionen anhand<br />
des folgenden Textes, der mit »Kanon-<br />
Spiel« überschrieben ist und die zahllosen<br />
Unternehmungen des Feuilletons<br />
anführt, dem Publikum einen jeweils<br />
unwiderstehlichen Kanon zu unterbreiten.<br />
Die Einleitung geht nicht über das<br />
hinaus, was der regelmäßige Leser des<br />
Kulturteils über den Kanon weiß: Zeit-<br />
Kanon 1997, Reich-Ranicki im Spiegel<br />
2001, Literarisches Quartett im ZDF. Neuhaus<br />
schreibt von den »Aktivitäten des<br />
Großkritikers Marcel Reich-Ranicki«<br />
(179), beläßt es aber dankenswerter-<br />
223<br />
weise nicht bei einer 08/15-Polemik<br />
gegen die Popularisierung eines an sich<br />
ja nicht populären Themas. Er schließt<br />
vielmehr geschickt ein Unterkapitel an,<br />
das er mit »Was ist schön?« (180) überschreibt.<br />
Der über gerade einmal drei<br />
Seiten reichende Text ist, wie das ganze<br />
Buch, verständlich verfaßt, klar gegliedert,<br />
für den Studienanfänger hilf- und<br />
lehrreich.<br />
Die Verständlichkeit verdient besondere<br />
Erwähnung, nicht zuletzt, weil dieser<br />
Titel hier im DaF-Kontext präsentiert<br />
wird. Stefan Neuhaus verschreibt sich<br />
der Klarheit, die den Grundriss der Literaturwissenschaft<br />
zu einer ausgezeichneten<br />
Einführung macht – auch und vielleicht<br />
sogar vorzugsweise für künftige GermanistInnen<br />
an nicht-deutschen Hochschulen.<br />
Zum Gelingen des Buchs trägt nicht<br />
zuletzt die Auswahl zitierter und besprochener<br />
Primärliteratur bei. Aktuelles<br />
kommt zu Wort (Brussig, Timm,<br />
Stuckrad-Barre), leichtes (Fallada, Kästner,<br />
Gernhardt), internationales (Zola,<br />
Tolkien, Rafik Shami) neben urdeutschem,<br />
große Theorie (zwangsläufig in<br />
kleinen Auszügen) und große Literatur<br />
(ebenso zwangsläufig in kleinen Häppchen).<br />
Das Buch, das die Freude an der Literatur<br />
befördern will, kann in der Hand<br />
von StudienanfängerInnen ein Testfall<br />
sein. Wer den Grundriß selbst mit seinen<br />
vielfältigen Beispielen aus der Literatur<br />
mit Freude liest, der wird sich wohl für<br />
ein Studium der Literaturwissenschaft<br />
eignen. Ganz hinten im Buch findet er<br />
ein Kapitel (»Wie organisiere ich mein<br />
Studium?«), das er bitte vor der Immatrikulation<br />
lesen mag. Die letzten drei<br />
Seiten, der Anhang, in dem die Probeklausur<br />
angeboten wird, lassen sich ja<br />
eventuell ganz überschlagen; dort nämlich<br />
hört der Lesespaß – vorläufig jedenfalls<br />
– auf.