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zur Rezension - Iudicium Verlag GmbH

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234<br />

<strong>zur</strong> Aufgabe der mitgebrachten kulturellen<br />

Identität gedrängt, wie Meng<br />

(43) feststellt. So wird die Herkunftssprache<br />

gerade bei jüngeren Aussiedlern<br />

nicht mehr gefördert, die russische<br />

Sprache fällt häufig als Unterrichtssprache<br />

beim Erlernen der deutschen<br />

Sprache weg (Zimmer, 274). Auch Interferenzen<br />

von russischer Erst- und<br />

deutscher Zweitsprache, wie sie<br />

Bauer/Bäcker skizzieren (95 ff.), und<br />

besondere Sprachschwierigkeiten, die<br />

durch russische Lexeme, eingedeutschte<br />

russische Verben usw. in der<br />

mitgebrachten deutschen Sprache der<br />

Aussiedler verursacht sind, wie sie<br />

Berend feststellt (33 f.), werden beim<br />

gesteuerten Zweitspracherwerb nicht<br />

ausreichend berücksichtigt.<br />

2)Die mitgebrachten Dialekte der deutschen<br />

Sprache spielen beim Erwerb der<br />

Standardsprache eine Rolle, wie die<br />

Untersuchung von Berend in diesem<br />

Band unterstreicht (29).<br />

3)Bisher wurden die sprachlichen und<br />

sozialen Anpassungsprozesse von<br />

Aussiedlern und anderen Migranten<br />

noch nicht in ausreichendem Maße<br />

miteinander verglichen, obwohl das<br />

für die soziolinguistische Migrationsforschung<br />

von erheblichem Interesse<br />

sein könnte. Fennell (194) kommt in<br />

seinem Beitrag zu der interessanten<br />

Feststellung, daß die linguistischen<br />

Merkmale der Lern- und Anpassungsprozesse<br />

beider Gruppen trotz recht<br />

unterschiedlicher Ausgangsbedingungen<br />

fast identisch sind.<br />

4)Mehr im politischen Bereich befindet<br />

sich die Forderung der Teilnehmer der<br />

Tagung, den bereits erwähnten<br />

Sprachtest im Aufnahmeverfahren abzuschaffen.<br />

Einmal fehle dem Test<br />

eine wissenschaftliche Fundierung,<br />

und zum anderen fehle es den Testern<br />

in den deutschen Konsulaten und<br />

Botschaften an Kompetenz (Stölting,<br />

142 ff., 155). »Neben ihrer offiziellen<br />

Funktion der Feststellung von Volkszugehörigkeit<br />

haben die Sprachtests<br />

eine zweite verdeckte Funktion des<br />

Instruments <strong>zur</strong> Regulierung des Aussiedlerstroms<br />

bekommen.« (Reitemeier,<br />

17). Der Test blende das Problem<br />

der Minderheitensituation der<br />

Rußlanddeutschen aus, die historisch<br />

bedingt zu einem Verlust oder zumindest<br />

zu einem eingeschränkten Gebrauch<br />

der deutschen Muttersprache<br />

geführt habe (Reitemeier, 17). Auch<br />

würde die Verknüpfung von Sprache<br />

und ethnischer Zugehörigkeit der realen<br />

Situation in der multiethnischen<br />

(ehemaligen) Sowjetunion widersprechen.<br />

Vielmehr sei die Politik der<br />

deutschen Behörden nach Stölting<br />

(150 ff.) auf die Sprachinhaltsforschung<br />

Leo Weisgerbers <strong>zur</strong>ückzuführen,<br />

die in der Tradition der Sprachideologie<br />

des 19. Jahrhunderts einen<br />

engen Zusammenhang zwischen<br />

Sprache und Weltbild konstruiert.<br />

Methodisch beruhen mehrere Vorträge<br />

auf empirischen Untersuchungen zu<br />

Sprachkompetenz, Sprachverhalten und<br />

-einstellungen von Aussiedlern (Berend,<br />

21 ff.), auf Kurz- und Langzeitbeobachtungen<br />

bei der sprachlichen Integration<br />

von Aussiedlern (Meng, 37 ff.) und in<br />

Interaktionssituationen zwischen Aussiedlern<br />

und Einheimischen (Reitemeier,<br />

59 ff.). Diese drei Beiträge entstanden im<br />

Rahmen eines Projektes des Instituts für<br />

deutsche Sprache <strong>zur</strong> sprachlichen Integration<br />

von Aussiedlern. Neben der<br />

sprachlichen Entwicklung berücksichtigen<br />

sie auch die keinesfalls einheitlichen<br />

Identitätsveränderungen unter den sozialen<br />

Bedingungen und den Wechselwirkungen<br />

von Selbst- und Fremdzuordnung<br />

in Deutschland. So führt zum<br />

Beispiel ein Marginalisierungsdruck<br />

durch die Mehrheitsgesellschaft zu einer<br />

»Überfokussierung des Deutsch-Seins«

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