GESCHÄFTSBERICHT 2014
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Europa und Internationales<br />
107<br />
für Arbeitgeber und öffentliche Haushalte<br />
bedeuten. Mit der Rücknahme<br />
der Mutterschutzrichtlinie kann die EU-<br />
Kommission ein positives Signal für einen<br />
überfälligen Mentalitätswandel hin<br />
zur selbstdisziplinierten Ausübung der<br />
ihr zugewiesenen Kompetenzen setzen.<br />
Die BDA wird sich dafür einsetzen, dass<br />
die im Rahmen des rEFIT-Programms<br />
vorgeschlagene Rücknahme zügig und<br />
unbeirrt in die Tat umgesetzt wird.<br />
Tragbarer Kompromisstext<br />
bei Durchsetzungsrichtlinie<br />
erzielt<br />
Nach sehr schwierigen informellen<br />
Verhandlungen zwischen Europäischem<br />
Parlament, Rat und EU-Kommission<br />
(sog. Trilog) wurde im Mai<br />
<strong>2014</strong> der 2012 von der EU-Kommission<br />
vorgelegte Richtlinienvorschlag zur<br />
verbesserten Durchsetzung der heute<br />
geltenden Arbeitnehmer-Entsenderichtlinie<br />
(Durchsetzungsrichtlinie)<br />
angenommen. Die Richtlinie ist bis<br />
Mitte 2016 in nationales Recht umzusetzen.<br />
Die neue Durchsetzungsrichtlinie<br />
sieht eine engere Kooperation der<br />
Verwaltungen in den Mitgliedstaaten<br />
vor, die eine effektivere Durchführung<br />
von Kontrollen, Prüfungen und Untersuchungen<br />
im Falle einer Entsendung<br />
ermöglicht.<br />
Der angenommene Richtlinientext<br />
stellt insgesamt einen tragbaren<br />
Kompromiss dar, der die wichtigsten<br />
Forderungen der BDA berücksichtigt.<br />
Der Kompromiss enthält eine offene<br />
Liste möglicher Kontrollmaßnahmen,<br />
keine abgeschlossene – wie es die EU-<br />
Kommission ursprünglich anstrebte.<br />
Die in Deutschland existierenden Kontrollmaßnahmen<br />
im Arbeitnehmer-<br />
Entsendegesetz ( aEntG) können künftig<br />
weiterhin durchgeführt werden und<br />
das gegenwärtige Niveau an Kontrollen<br />
wird nicht abgesenkt. Hierfür hatte sich<br />
die BDA nachdrücklich eingesetzt, um<br />
Missbrauch bei der Entsendung von Arbeitnehmern<br />
vorzubeugen, insbesondere<br />
auf Baustellen. Positiv ist auch die<br />
erreichte Klarstellung, dass die angewandten<br />
Kontrollmaßnahmen der EU-<br />
Kommission „anzuzeigen“ und nicht<br />
von ihr zu „genehmigen“ sind. Zudem<br />
konnten die von der EU-Kommission<br />
ursprünglich geforderte Einführung<br />
einer EU-weiten Generalunternehmerhaftung<br />
in der Bauwirtschaft sowie<br />
weiter gehende Forderungen des Europäischen<br />
Parlaments nach einer verpflichtenden<br />
Generalunternehmerhaftung<br />
für alle Branchen in der gesamten<br />
Haftungskette und ohne Exkulpationsmöglichkeit<br />
erfolgreich verhindert<br />
werden. Die im Richtlinientext nun<br />
vorgesehene verpflichtende Auftraggeberhaftung<br />
(Haftung im direkten Auftragsverhältnis)<br />
für die Bauwirtschaft<br />
existiert in Deutschland bereits für alle<br />
aEntG-Branchen und löst somit keinen<br />
Umsetzungsbedarf aus. Auch sind Befreiungen<br />
von der Auftrag geberhaftung<br />
(sog. Exkulpation) möglich: Wenn<br />
Nachunternehmer präqualifiziert sind,<br />
entfällt die Haftung für den Hauptunternehmer.<br />
DURCHSETZUNGSRICHTLINIE: ZEIT ZUM WIRKEN<br />
LASSEN<br />
Als Reaktion auf die äußerst kontrovers geführte Debatte über die Auswirkungen<br />
der „Laval“-Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat die<br />
EU-Kommission 2012 ein Gesetzespaket zur Entsendung von vorübergehend<br />
ins Ausland entsandten Arbeitnehmern im Binnenmarkt vorgelegt. Richtigerweise<br />
hatte die EU-Kommission damals bewusst von einer kompletten<br />
Überarbeitung der geltenden Entsenderichtlinie abgesehen und sich stattdessen<br />
auf die bessere Richtliniendurchsetzung konzentriert. Insbesondere<br />
vor dem Hintergrund der gerade gelungenen Verabschiedung der Durchsetzungsrichtlinie<br />
ist es daher nicht nachvollziehbar, dass der neue EU-Kommissionspräsident<br />
Jean-Claude Juncker wiederholt angekündigt hat, nun<br />
doch die Entsenderichtlinie überprüfen zu wollen, um gegen etwaiges „Sozialdumping“<br />
vorzugehen. Die „Mängel“ bei der Entsendung von Arbeitnehmern<br />
sind nicht auf die Entsenderichtlinie, sondern auf deren unzureichende<br />
praktische Umsetzung vor Ort zurückzuführen. Hier wird die neue Durchsetzungsrichtlinie<br />
Wirkung zeigen und es gilt, ihr jetzt Zeit zu geben, bevor voreilig<br />
neue Überarbeitungen in Angriff genommen werden.