GESCHÄFTSBERICHT 2014
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Wirtschaft und Finanzen<br />
123<br />
Kritik am deutschen<br />
Leistungs bilanzüberschuss<br />
unbegründet<br />
Der im Vergleich zu anderen Staaten<br />
der Eurozone hohe deutsche Leistungsbilanzüberschuss<br />
steht unter<br />
anhaltender internationaler Kritik,<br />
u. a. des Internationalen Währungsfonds,<br />
des US-Finanzministeriums<br />
sowie von Mitgliedstaaten der EU. Es<br />
wird behauptet, die deutsche Exportstärke<br />
trage ohne eine entsprechende<br />
Importstärke zu den wirtschaftlichen<br />
Ungleichgewichten in der Weltwirtschaft<br />
und in der EU bei. Im jüngsten<br />
Durchgang des jährlichen Verfahrens<br />
zur Vermeidung und Korrektur<br />
makroökonomischer Ungleich gewichte<br />
gehört Deutschland erneut zu den<br />
EU-Ländern, die von der EU-Kommission<br />
näher überprüft werden, da der<br />
Leistungsbilanzüberschuss die Warnschwelle<br />
von 6 % des BIP nachhaltig<br />
überschritten hatte.<br />
In ihrem vierten Warnmechanismus-Bericht<br />
vom 28. November <strong>2014</strong><br />
empfiehlt die Kommission für Deutschland<br />
– wie für 13 andere Mitgliedstaaten<br />
–, die Entwicklung der bestehenden<br />
Ungleichgewichte auf Basis der Ergebnisse<br />
aus dem letzten Überwachungszyklus<br />
vertieft zu überprüfen. Mit Sanktionen<br />
muss Deutschland auch diesmal<br />
nicht rechnen, jedoch fordert die Kommission<br />
weiterhin, Maßnahmen zur<br />
Stärkung der Binnennachfrage und<br />
des Wachstumspotenzials zu ergreifen.<br />
Konkret empfiehlt sie in ihren länderspezifischen<br />
Empfehlungen („countryspecific<br />
recommendations“, CSR) höhere<br />
Investitionen in Ausrüstungen und<br />
Humankapital, Effizienzsteigerungen in<br />
METHODISCHE WEITERENTWICKLUNG DER VOLKSWIRTSCHAFTLICHEN<br />
GESAMTRECHNUNGEN<br />
Die neue Methodik der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) nach dem Europäischen System Volkswirtschaftlicher<br />
Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene (ESVG 2010) ist seit September <strong>2014</strong> für Deutschland<br />
sowie für alle anderen EU-Mitgliedstaaten maßgeblich. Seit der deutschen Wiedervereinigung ist dies bereits die<br />
dritte größere Revision der VGR-Systematik. Solche Revisionen der methodisch-konzeptionellen Berechnungsgrundlagen<br />
zielen darauf ab, veränderten wirtschaftlichen Gegebenheiten, Fragestellungen oder Nutzerwünschen besser<br />
gerecht zu werden.<br />
Durch die Änderung der Berechnungsmethode ist das BIP im Jahr 2013 um knapp 72 Mrd. € höher ausgefallen als<br />
nach der bisherigen Methodik. Um Vergleichbarkeit zu gewährleisten, werden die Daten der VGR vom Statistischen<br />
Bundesamt ab 1991 nach der revidierten Methode neu berechnet. Auf die Wachstumsraten wirkt sich diese Revision<br />
allenfalls geringfügig aus.<br />
Das ESVG (2010) enthält gegenüber der Vorgängerversion ESVG (1995) rd. 40 Änderungen. Wesentliche Änderungen<br />
mit Einfluss auf die Höhe des BIP sind:<br />
• Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) werden nunmehr als Investitionen verbucht und nicht mehr als Vorleistungen.<br />
Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass das aus FuE resultierende Wissen nicht im Produktionsprozess<br />
„verbraucht“ wird, sondern im Gegensatz zu anderen Vorleistungen (wie z. B. Rohstoffen, Vorprodukten) wiederholt<br />
genutzt werden kann und damit als Kapital im Produktionsprozess anzusehen ist. Diese methodische Änderung fällt<br />
bei der Revision am stärksten ins Gewicht und ist für etwa 70 % des BIP-Zuwachses verantwortlich.<br />
• Militärische Waffensysteme werden ebenfalls künftig als Investitionen verbucht. Bisher wurde zwischen Waffensystemen<br />
und zivil nutzbaren militärischen Anlagen (wie Flughäfen, Kasernen oder Lazaretten) unterschieden. Letztere<br />
waren bereits als Investitionen zu verbuchen, Erstere dagegen Vorleistungen des Staats. Die Änderung wird<br />
damit begründet, dass militärische Waffensysteme kontinuierlich für die Bereitstellung von Sicherheitsdienstleistungen<br />
genutzt werden. Diese methodische Änderung trägt (zusammen mit weiteren konzeptionellen Änderungen)<br />
zu rd. 10 % des BIP-Zuwachses bei.<br />
• Nicht konzeptbedingte Änderungen, wie die Neuberechnung der Wohnungsvermietung als Folge des Zensus 2011<br />
oder die Erfassung illegaler Aktivitäten, machen knapp 20 % des Gesamteffekts aus.