ETHIK DES MAIMONIDES - Rachel
ETHIK DES MAIMONIDES - Rachel
ETHIK DES MAIMONIDES - Rachel
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
143<br />
ungehinderter Ausdruck zu geben ; denn «alle Vergehen verhülle die<br />
Liebe» (Spr. 10, 12) 1 ).<br />
3. Die Vormundschaft soll, sagt M., wiewohl eine Rechenschaft<br />
vor Menschen, dem jüdischen Erbrecht zufolge, nicht verlangt<br />
wird, mit treuer Gewissenhaftigkeit geübt werden. Der Vormund soll<br />
vor sich selbst Rechenschaft halten und sich sehr hüten, des hoch und<br />
erhaben thronenden Vaters der Waisen je zu vergessen 2 ).<br />
II. Zu den im Berufe begründeten Verhältnissen gehören die<br />
zwischen Lehrern und Schülern, Richtern und Unter g ebenen,<br />
Herrschern und Unterthanen.<br />
1. Der Beruf des Lehrens begründet eine geistige Gemeinschaft<br />
zwischen dem Lehrer als dem Gebenden und den Schülern als<br />
Empfängern, obgleich, wie M. nach dem Talmud bemerkt, der Lehrer<br />
sich durch die Anregungen seiner Schüler gelegentlich wohl auch in<br />
seinem Wissen am bedeutendsten gefördert fühlen kann 3 ). Was aber<br />
die Schüler fortwährend aus der allein auf die Bereicherung ihres<br />
Geistes gerichteten Berufsthätigkeit ihres Lehrers gewinnen, verdient<br />
deren dankbare Ehrenbezeigung in noch höherem Grade als die<br />
etwa nur äussere Erhaltung und Förderung durch die Eltern und begründet<br />
eine Ehrfurcht, welche der unserem Gotte schuldigen vergleichbar<br />
ist. Jeder Streit, jede auch nur innerlich verlaufende Auflehnung<br />
gegen den Lehrer ist sündhaft 4 ). Dazu gehört aber, dass der<br />
Lehrer ein tadelloses Leben führe. Wer gegen Recht und Sittlichkeit<br />
verstösst, darf als Lehrer nicht angenommen werden und wäre<br />
er noch so gelehrt und das Bedürfniss des Lernens noch so dringend 5 ).<br />
Der Lehrer muss aber ebenso die Elire seiner Schüler hochhalten<br />
und sie wie seine geistigen Kinder, die seine irdische und himmlische<br />
Glückseligkeit erhöhen, achten und lieben 6 ). Mit Geduld wiederhole<br />
er den Gegenstand, bis derselbe vollständig von den Schülern begriffen<br />
ist. Hierzu ist aber allerdings auch erforderlich, dass die Schüler<br />
ihrerseits nicht den Schein des Verstehens vorzeitig annehmen,<br />
') Brief an Jefet b. Eliah In Akko (in Dibre chachamim S. 60 oder Kob. II, 37 b).<br />
*) H. Nachalot XI, 12.<br />
3 ) JH. T. tor. V, 13 nach Taanit, 7 a.<br />
4<br />
) B. d. Ges., Geb. 209; H. T. tor. V, 1. Vgl. Miseim. Bab. mez. II, 11 und<br />
Kerít. VI, 9.<br />
ף H. T. tor. IV, 1 nach Moid kat., 17 a.<br />
s ) H. T. tor. V, 12.