ETHIK DES MAIMONIDES - Rachel
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69<br />
schaffenheit der Luft, jenem Ausspruche zufolge, der Bestimmung<br />
Gottes allein vorbehalten 1 ).<br />
Dass aber alles gesetzliche und gesetzwidrige Leben der Wahl<br />
des Menschen anheimfalle, besagt der angeführte Satz in Ueberein-<br />
Stimmung mit den Aussprüchen der Bibel 2 ).<br />
Die unter den Leuten verbreitete Redeweise, deren Anklänge auch<br />
bei Propheten und Weisen Israels sich finden : «Sitzen und Stehen und<br />
jede Bewegung des Menschen geschehe nach Gottes Willen» — ist<br />
ganz richtig, wenn sie nur nicht auf einzelne Acte, sondern auf das<br />
Thun des Menschen im Allgemeinen bezogen wird. Der emporgeschleuderte<br />
Stein 3 ) fällt, wie wir mit gleichem Rechte sagen, nach dem<br />
Willen Gottes zur Erde; aber nicht zufolge eines einzelnen Willensactes<br />
in Gott, wie die Anhänger des Kai a m irrthümlich meinen 4 ), sondem<br />
als Wirkung eines allgemeinen Naturgesetzes, des Gesetzes nämlieh<br />
von der Anziehungskraft des Erdmittelpunktes, welches, gleich<br />
allen Naturgesetzen, seinen Ursprung eben im Willen des Schöpfers<br />
hat, — wie denn das Walten fester Gesetze in der Welt eine in<br />
Schrift und Tradition herrschende Voraussetzung ist 5 ). Ebenso ist<br />
Stehen und Gehen des Menschen insofern ein Ausfluss des göttlichen<br />
Willens, als das Gesetz der menschlichen Natur, nach eigner<br />
Willkür seine Ruhe oder Bewegung zu bestimmen, eben von Gott<br />
bei der Schöpfung der Welt gewollt und eingeführt worden ist 6 ).<br />
') Vgl. Bescheid an d. Prosei. Obadjah (Briefs., 48 a od. Kob. I, 34 a).<br />
2<br />
) In diesem Sinne deutet M. hier und B. Tesch. V, 2 die Stelle Klgl. 3,<br />
38—40. — In PL. Tesch. a. a. 0. ist übrigens vor לב0 וא wahrscheinlich<br />
ausgefallen.<br />
s<br />
) Tibb.: ריואה לא ןבא ךילשהש nach den alt. Drucken.<br />
4<br />
) Mor. I, 73, sechste These.<br />
ןא<br />
5<br />
) M. führt zum Beweise Koh. 1, 9 sowie den talmudischen Aasspruch:<br />
«Die Welt geht ihren Gang» ( 4 - :גהונ וגהנמכ םלועA• sar • 54b) und die Erk<br />
der biblischen Wunder bei den talmudischen Weisen durch die Annahme einer<br />
bereits in der Schöpfungszeit getroffenen Bestimmung an (s. Abot V, 6 und M.<br />
sowie LIPMANN HELLER in Tossafot Jomtob das.; Beresch. r. V, angeführt Mor. II, 29:<br />
aelbst tritt in<br />
׳וגו 1 *רשי ינפל ערקנ אהיש םיה םע ה״בקה הנתה םיאנת ןתנוי דיא)• M •<br />
Mor. II, 29 dieser Auffassung der Wunder entgegen und hält sie seinerseits für<br />
vereinzelte und vorübergehende Eingriffe der unbeschränkten Macht Gottes, die<br />
das Naturgesetz für das Ganze und Bleibende nicht aufheben.<br />
a<br />
) Diese geistreiche Umkehrung des Sinnes in der angeführten Redeweise<br />
spricht M. in vollem Ernst aus und kommt darauf öfters zurück; so zu Abot IV,