ETHIK DES MAIMONIDES - Rachel
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den Hochmuth gänzlich, will gemäss der im Talmud am weitesten<br />
gehenden Meinung keine Spur desselben gutheissen, sondern verlangt<br />
die äusserste Demuth 1 ), aber ein der Selbstverachtung gleichkommender<br />
Cynismus 2 ) scheint von M. auch auf diesem Standpunkte<br />
nur als vorübergehendes Besserungsmittel für den Hoehmüthigen empfohlen<br />
zu werden. Ebenso ist die äusserste Sanftmuth, die<br />
durch die bedeutendsten Anlässe zum Zorn sich nicht hinreissen lässt<br />
und auch den heilsamen schärfsten Tadel mit innerer Ruhe und nur<br />
äusserlich angenommener Aufregung ausspricht 3 ), wohl noch nicht<br />
gleichzuachten der getadelten unerschütterlichen Fühl los igke it, die<br />
M., wie gesagt, als fehlerhaftes Extrem nennt 4 ) oder als vorübergehendes<br />
Besserungsmittel für den Jähzornigen empfiehlt 6 ). —-<br />
ß) Die «Tugendhaften» und auch einzelne Gesetzeslehrer des Talmud<br />
haben ferner, sagt M. wiederum in der Einleitung zu Abot, zur<br />
Heilung ihrer eignen sittlichen Schäden oder zur Isolirung von dem<br />
Einflüsse einer herrschenden Sittenverderbniss zeitweilig sich im Gebiete<br />
des Genusses dem Extrem der Entsagung zugewendet, indem<br />
sie Fasten, Nachtwachen, Enthaltung von Fleisch und Wein sowie von<br />
') Zu Abot. IV, 4 u. Deot II, 3 nach R. NACHMAN B. ISAAK in Sota 5 a.<br />
ף Deot II, 2: תובחס ייולב שבליו לכה ןמ הטמל בשיו הכרה ןויזבכ ומצע גיהני<br />
ןהישבול תא תוזבמה•<br />
3<br />
) Deot II, 3. י) S. 86, A. 6.<br />
5<br />
) Deot II, 2. — ABRAHAM DE BOTON in Lechem mischneh zu Deot I, 4 f. macht<br />
verschiedene Versuche, den anscheinenden Widerspruch in M.'s Entscheidungen<br />
zu lösen; seine Unterscheidung zwischen תוינוניב un( l תועצוממ ist völlig unhaltbar.<br />
— Es bleibt übrigens auch nach unserer Annahme Manches in M.'s Dar-<br />
Stellung noch immer befremdend. Er mag in Deot I, 4 trotz II, 3 den Zorn<br />
als Beispiel des Mittelmaszes gerade deshalb gewählt haben, um die genannte<br />
Differenz zwischen philosophischer und jüdisch-religiöser Ethik dadurch um so<br />
deutlicher hervortreten zu lassen, da er deren ausdrückliche Angabe in<br />
diesem auch für Nichtphilosophen geschriebenen Werke am wenigsten zweckmässig<br />
fand. Aber warum wählt M. in Deot I, 5 Hochmuth und Demuth mit<br />
einer bis zum Extrem vordringenden Abweichung — übereinstimmend mit<br />
II, 3! — als Beispiel für die tugendhafte Weise, die er so eben für eine geringe<br />
Abweichung von der Mitte erklärt hat? — Wäre es ferner in Deot II, 2 nicht<br />
angemessener gewesen, die Beispiele des vorübergehenden Heilverfahrens und des<br />
alsdann festzuhaltenden Mittelmaszes an anderen Eigenschaften als gerade am<br />
Zorne und am Hochmuthe nachzuweisen, die ja unmittelbar darauf (iu II, 3) von<br />
der Kegel des Mittelmaszes, zufolge der jüdischen Ueberlieferung, ausgenommen<br />
werden? —