ETHIK DES MAIMONIDES - Rachel
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wenn gewisse Handlungen, Wissenschaften und Eigenschaften für den<br />
Menschen durch eine Veranlassung ausser ihm unvermeidlich wären 1 ).<br />
Ebenso hätten Lohn und Strafe unter den Menschen 2 ) wie von Seiten<br />
Gottes keine Berechtigung; namentlich wäre die Vergeltung durch Gott<br />
alsdann nicht ein Ausfluss seiner Gerechtigkeit, sondern eine offenbare<br />
Ungerechtigkeit dem willenlos seiner ursprünglichen Bestimmtheit folgenden<br />
Menschen gegenüber 3 ). Ebenso wären alle Vorkehrungen, wie<br />
Häuserbau, Gelderwerb, Flucht in Gefahren u. dgl. abzuschaffen, da<br />
die Bestimmung der Sterne doch nun einmal Jedem von seiner Geburtsstunde<br />
an feststände und alle menschlichen Bemühungen daran<br />
Nichts ändern könnten 4 ). Dem aber widersprechen Vernunft und Erfahrung,<br />
Pietät gegen unsere Lehre wie unsere Ueberzeugung von der<br />
Gerechtigkeit Gottes. Auf der Voraussetzung der Willensfreiheit beruhen<br />
die Worte der Schrift (5. Mos. 30, 15. 19): «Siehe, ich habe dir<br />
heute vorgelegt das Leben und das Gute, den Tod und das Böse . . .<br />
und du sollst das Leben erwählen 5 ). Darum setzt unsere Lehre Lohn<br />
ף Tibb. nach Cod. 78: חירכמה םרוגה ינפמ — ללכ ול רשפא יא םדאהש רחא<br />
המכחה עדיש יתלכמו ינולפה לעופה השעי אלש — הז םירמואה תער יפל ותלוז ץוחמ ותוא<br />
תינולפה הרמה ול היהתשו תינולפה• Di e Construction השעי אלש רשפא יא und יא<br />
עריש יתלבמ רשפא •wurde nicht erkannt und darum der Wortlaut geändert.<br />
2 ) Tibb. nach Cod. 73 u. ält. Ausgg. :ןנתצקל ונתצק ונממ» Uebrigens gebraucht<br />
M. dasselbe Argument auch im Mor. a. a. 0.; es ist aber auch schon bei ABIST.<br />
NE. III, 7 zu finden; vgl. M. Moral. I, 9 (wo neben den Strafen auch das Dasein<br />
von Gesetzen als Beweis angeführt wird); ebenso bei SAADIA (Em. IV, 3), BACHJA<br />
(Hpfl. III, 8 S. 173), JEH. HALEVI (Eus. V, 20 S. 417) und IBN BOSCHD (Praedestination,<br />
deutsch von MUELLEB S. 99).<br />
3<br />
) Tibb. nach Cod. 73 u. N: והשעי אלש ול רשפא יאש• Zur Sache vgl. Einl.<br />
zu Sanh. X unt. Gl.-A. 11.<br />
*) Im Sendsch/reiben nach Marseille (Briefs. 9 a od. Kobez II, 26 a) sagt M. :<br />
Etwaige Talmud- und Midraschstellen zu Gunsten des Glaubens an den Einfluss<br />
der Gestirne seien nicht zu beachten, da die Meinung Einzelner einer so erwiesenen<br />
Wahrheit, wie die Willensfreiheit sei, gegenüber kein Gewicht hätten.<br />
Auch Hessen sich auffallende, der Vernunft anscheinend widerstreitende Aeusserungen<br />
zuweilen befriedigend deuten, wie ja auch manche Stellen der h. Schrift<br />
nicht buchstäblich zu nehmen seien. M. schliesst: «Nie kehre man dem bessern<br />
Wissen den Rücken zu; haben wir doch unsere Augen vorn und nicht hinten.» —<br />
Vgl. Sendschreiben nach Jemen ed. HOLUB S. 40—42 mit der Bemerkung (S. 42):<br />
Geschriebene Behauptungen imponiren nur den Unwissenden; dem Denkenden<br />
Leser sei es bekannt, dass Unwahrheiten sich ebenso schreiben wie<br />
sprechen Hessen.<br />
6 ) Vgl. H. Tesch. V, 3 u. Mor. III, 17 bei Ansicht 5. ״