Revolution in Nordafrika? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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<strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Nordafrika</strong>?<br />
war, dass sich westliche Politiker scharenweise mit Gaddafi gern fotografieren ließen.<br />
Die Wut auf den Straßen von Tunis, Kairo, Sanaa und anderswo richtete sich bis<br />
März nicht gegen andere Mächte, die USA, Israel oder die EU, sondern gegen die<br />
Machthaber im eigenen Land. Dabei hatten sich diese doch darauf berufen, als vorderster<br />
Schutzwall „den Westen“ vor „dem islamistischen Terrorismus“ zu schützen.<br />
Schlaglichtartig zeigte sich, dass die von den USA und der EU bis vor kurzem<br />
geradezu bed<strong>in</strong>gungslos unterstützten Herrscher ke<strong>in</strong>e tatsächliche Legitimität<br />
mehr besitzen, dass sogar die Armeen <strong>in</strong> Tunesien und Ägypten nicht mehr bereit<br />
waren, auf ihre Brüder, Schwestern und K<strong>in</strong>der zu schießen.<br />
Was sich im arabischen Raum abzeichnete, war e<strong>in</strong>e Umwälzung, die weitreichende<br />
neue Perspektiven eröffnen konnte und das weltpolitische Schachbrett des Nahen<br />
Ostens völlig verändern. Die Regierenden <strong>in</strong> Europa und Nordamerika standen<br />
vor dem Problem, entweder den Gleisen der bisherigen Interessenwahrnehmung zu<br />
folgen oder aber die eigene Rhetorik ernst zu nehmen – dann mussten sie sich positiv<br />
zu den Umwälzungen stellen. Gefordert war nun vor allem die EU, die seit Jahren<br />
rhetorisch vielerorts die E<strong>in</strong>haltung der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit<br />
e<strong>in</strong>fordert, nur nicht konsequent im Nahen Osten. Mit Hilfe des Barcelona-<br />
Prozesses und der Mittelmeerunion hat sie massiv die Öffnung der Märkte dieses<br />
Raumes für europäische Investitionen und den Absatz <strong>in</strong>dustriell gefertigter Massenkonsumgüter<br />
betrieben, und damit zu der desolaten Situation der jungen Generation<br />
<strong>in</strong> der Region beigetragen. Nun schlägt auch für die EU die Stunde der<br />
Wahrheit zwischen hehren Lippenbekenntnissen und konkreter Politik.<br />
Bemerkenswert war der Wandel des Bildes der alten Regime im arabischen Raum<br />
<strong>in</strong> den deutschen bzw. westlichen Medien, der augensche<strong>in</strong>lich den Maßgaben der<br />
Politik folgte. Bis vor kurzem hieß es noch, die Regime seien stabil, Mubarak wurde<br />
wegen se<strong>in</strong>er „Weisheit“ gelobt, Ben Ali wegen se<strong>in</strong>er jahrzehntelang betriebenen<br />
Privatisierungspolitik. Plötzlich wurden beide als „Diktatoren“, „Despoten“ bezeichnet,<br />
die ihre Bevölkerungen unterdrückt haben, Menschenrechte, Demokratie und<br />
Freiheit nicht zuließen, morden und foltern ließen. Dass die USA gerade im Bereich<br />
des Auftragsfolterns Del<strong>in</strong>quenten oftmals absichtlich nach Ägypten und <strong>in</strong> andere<br />
arabische Staaten überstellten, um sie dort fachgerecht foltern und anschließend<br />
verschw<strong>in</strong>den zu lassen, wurde dabei bewusst ausgeblendet.<br />
Der Westen und die autokratischen Herrscher <strong>in</strong> der Region hatten die E<strong>in</strong>schätzung<br />
geme<strong>in</strong>, die arabischen Völker seien „zur Demokratie nicht fähig“ und daher<br />
sei die autoritäre Herrschaft die gleichsam natürliche Form der Machtausübung.<br />
Verstärkt wurde dies durch die Annahme, würden diese Herrscher stürzen, würde<br />
„der Islamismus“ an die Macht kommen. Hier wiederum wurden islamisch orientierte<br />
karitative und soziale Organisationen sowie politische Gruppierungen <strong>in</strong> den<br />
Ländern, islamistische Kräfte <strong>in</strong> der Region, die auf den Gottesstaat aus s<strong>in</strong>d, Al<br />
Qaida und „der <strong>in</strong>ternationale Terrorismus“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>s gesetzt, so dass die Unterdrückung<br />
oppositioneller Kräfte im Lande unter der Rubrik „Kampf gegen den Terrorismus“<br />
erfolgte und der Westen dies absichtsvoll mit trug.<br />
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