Revolution in Nordafrika? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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<strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Nordafrika</strong>?<br />
und hadern mit ihrer Entscheidung.“ (F<strong>in</strong>ancial Times Deutschland, 22. 03. 2011)<br />
Das mit dem Hadern bezieht sich darauf, dass Amr Mussa kurz nach Beg<strong>in</strong>n der<br />
Militäroperationen erklärt hatte, die Arabische Liga habe e<strong>in</strong>e Flugverbotszone gefordert,<br />
um die Zivilbevölkerung zu schützen, nicht damit noch mehr Zivilisten zu<br />
Tode kommen. Die westlichen Interventionsmächte erklärten dann, diese Reaktion<br />
der Arabischen Liga sei unerfreulich und „wenig solidarisch“. Sie wollten also auch<br />
noch den Dank der arabischen Völker für die Intervention. Nach e<strong>in</strong>em Gespräch<br />
mit UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon knickte Mussa denn auch e<strong>in</strong>: Es gäbe wegen<br />
der Umsetzung der UN-Resolution ke<strong>in</strong>en Konflikt; die Arabische Liga respektiere<br />
den Beschluss des Sicherheitsrates.<br />
Der Beschluss über die Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrates ist am Abend des<br />
17. März 2011 gefasst worden. Für die Annahme waren m<strong>in</strong>destens neun Ja-<br />
Stimmen und das Ausbleiben e<strong>in</strong>es Vetos e<strong>in</strong>es der Ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates<br />
erforderlich. Zehn Staaten stimmten am Ende dafür, fünf enthielten<br />
sich: Ch<strong>in</strong>a und Russland als Ständige Mitglieder sowie Brasilien, Deutschland und<br />
Indien. Dafür stimmten die drei Ständigen Mitglieder USA, Frankreich und Großbritannien.<br />
Libanon als e<strong>in</strong>ziges arabisches bzw. muslimisches Land im Sicherheitsrat<br />
hatte sich an der Ausarbeitung der Resolution aktiv beteiligt. Die afrikanischen Staaten<br />
Südafrika, Gabun und Nigeria sowie Bosnien-Herzegow<strong>in</strong>a, Kolumbien und Portugal<br />
stimmten ebenfalls zu. Bereits am 19. März begannen die Luftangriffe Frankreichs,<br />
Großbritanniens und der USA auf Libyen.<br />
Frankreich bzw. der französische Präsident Nicolas Sarkozy hatte die Herbeiführung<br />
des Militäre<strong>in</strong>satzes und der ihn legitimierenden Beschlusslage mit außergewöhnlichem<br />
Eifer betrieben. Zwischen dem UNO-Beschluss und dem Beg<strong>in</strong>n der Kriegshandlungen<br />
zelebrierte Sarkozy am 18. März noch e<strong>in</strong>e große <strong>in</strong>ternationale Konferenz<br />
<strong>in</strong> Paris. Der Berl<strong>in</strong>er Tagesspiegel beschrieb sie so: „Es war e<strong>in</strong> großer Augenblick<br />
für Präsident Nicolas Sarkozy, die Konferenz der Chefs von 22 Regierungen<br />
und <strong>in</strong>ternationaler Organisationen. Unter se<strong>in</strong>em Vorsitz kamen sie am Samstag <strong>in</strong><br />
Paris zusammen, um auf der Grundlage der Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrats<br />
dem libyschen Diktator Muammar al Gaddafi E<strong>in</strong>halt zu gebieten. Durch e<strong>in</strong>e Reihe<br />
von diplomatischen Pannen hatte Frankreich die Stunde der arabischen <strong>Revolution</strong><br />
<strong>in</strong> Tunesien und Ägypten verschlafen und dann mit se<strong>in</strong>em Vorpreschen gegenüber<br />
Libyen se<strong>in</strong>e Partner, vor allem <strong>in</strong> der EU, vor den Kopf gestoßen. Doch nun kann<br />
Sarkozy sie alle im Elysée-Palast willkommen heißen, unter ihnen US-<br />
Außenm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Hillary Cl<strong>in</strong>ton, der britische Premier David Cameron, Spaniens Regierungschef<br />
José Luis Zapatero, der Generalsekretär der Arabischen Liga Amr<br />
Moussa und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. E<strong>in</strong>igen kommt er zur Begrüßung<br />
auf der Freitreppe entgegen, Kanzler<strong>in</strong> Angela Merkel bekommt, als ob es wegen<br />
der deutschen Enthaltung im UN-Sicherheitsrat ke<strong>in</strong>e Verstimmung gegeben hätte,<br />
wie immer e<strong>in</strong>en Wangenkuss. Sarkozy liebt es, für Frankreich an der Spitze der<br />
Nationen zu stehen. Das zeigt sich auch <strong>in</strong> der Art, wie er nach der Konferenz deren<br />
Beschlüsse bekannt gibt. Dem libyschen Volk drohe Todesgefahr, erklärt er. Das<br />
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