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Revolution in Nordafrika? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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<strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Nordafrika</strong>?<br />

diesem S<strong>in</strong>ne sollte unter französischer Perspektive der Libyen-Krieg Ausdruck der<br />

Fähigkeit se<strong>in</strong>, dass die EU – vertreten durch Frankreich, Großbritannien und andere<br />

EU-Staaten – e<strong>in</strong>en solchen Krieg <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Umfeld, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em unmittelbaren Interessengebiet<br />

selbständig, ohne die USA oder zum<strong>in</strong>dest ohne deren Führung führen<br />

kann. Wenn der Jugoslawienkrieg (1999) aus Sicht das damaligen französischen<br />

Präsidenten, Jacques Chirac, die Folgerung nahelegte, dass die EU für die Durchsetzung<br />

ihrer Interessen <strong>in</strong> ihrem Umfeld auch entsprechender militärischer Fähigkeiten<br />

bedarf, so sollte der Libyen-Krieg u.a. dies beweisen. Dabei störte am Ende<br />

nur, dass Deutschland sich dem verweigerte, während Großbritannien um so mutwilliger<br />

mitmachte.<br />

Die USA betonten auch jetzt wieder die Rolle der NATO. Die Obama-Adm<strong>in</strong>istration<br />

war nicht Vorreiter<strong>in</strong> dieses Krieges; nachdem der angezettelt war, machte sie jedoch<br />

mit und verlangte dessen Anb<strong>in</strong>dung an die NATO. Die USA werden am Ende<br />

auf e<strong>in</strong>em eigenen Stützpunkt <strong>in</strong> Libyen bestehen, so wie sie ihn mit Wheelus bei<br />

der Machtübernahme Gaddafis verloren hatten. Dorth<strong>in</strong> könnte dann gegebenenfalls<br />

auch das US-Führungskommando für E<strong>in</strong>sätze <strong>in</strong> Afrika (AFRICOM) verlegt<br />

werden, das seit se<strong>in</strong>er Schaffung vor vier Jahren mit großer deutscher Zustimmung<br />

<strong>in</strong> Stuttgart residiert; USA-seitig wäre man näher dran am Ort der Begierden<br />

und könnte es sich <strong>in</strong> der Wüstenumgebung relativ sicher e<strong>in</strong>richten. Das wäre<br />

dann wie <strong>in</strong> Irak nach dem sogenannten Abzug der USA: Es bleiben US-Stützpunkte<br />

und e<strong>in</strong>e relevante Anzahl von Truppen auf diesen, und dann können die Araber im<br />

Rest des Landes Demokratie spielen. Hier hätte das zudem den Charme, dass dieser<br />

Stützpunkt mitten <strong>in</strong> der Gegenküste liegt, die die konkurrierende EU so gern kontrollieren<br />

möchte. Die Übernahme der Koord<strong>in</strong>ierung der Angriffe durch die NATO<br />

erschien auch aus der Sicht anderer Mächte günstiger als das trilaterale Bomben<br />

Frankreichs, Großbritanniens und der USA; so saßen u.a. Deutschland und die Türkei,<br />

die diesen Krieg eigentlich nicht wollten, mit am Tisch. Insofern zeigten die Auslösung<br />

des Krieges, die Art und Weise des Kriegsbeg<strong>in</strong>ns und der anfängliche Streit<br />

um die Führung des E<strong>in</strong>satzes e<strong>in</strong>e offensichtliche Konkurrenz, und zwar sowohl<br />

zwischen verschiedenen europäischen Akteuren, auch <strong>in</strong>nerhalb der EU, als auch<br />

zwischen der EU und den USA. Es war nicht nur e<strong>in</strong>e Frage des Prestiges im Streit<br />

zwischen Frankreich und den USA, sondern auch Ausdruck dessen, dass es sich bei<br />

der EU und den USA um konkurrierende Imperien handelt.<br />

Der <strong>in</strong> den USA arbeitende und aus Indien stammende Historiker Parag Khanna<br />

kommt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Analyse zur Rolle der Imperien und ihres E<strong>in</strong>flusses <strong>in</strong> der Welt von<br />

heute zu der Folgerung, dass es <strong>in</strong> der Gegenwart drei Imperien gibt: die USA, die<br />

EU und Ch<strong>in</strong>a. Zwischen diesen f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong> beständiger, mal offener, mal verdeckter<br />

Kampf statt, der vor allem <strong>in</strong> der „zweiten Welt“ ausgetragen wird. Dazu zählt er die<br />

Mehrheit der Länder <strong>in</strong> Osteuropa, Zentralasien, Late<strong>in</strong>amerika, im Nahen Osten<br />

und <strong>in</strong> Ostasien, die das Entwicklungsniveau, die militärische Macht und die Größe<br />

der drei Imperien nicht teilen, aber auch nicht die Armut der „Dritten Welt“. Der<br />

Kampf um die Zukunft wird zwischen den drei Imperien entschieden. (Parag Khanna:<br />

Der Kampf um die Zweite Welt. Imperien und E<strong>in</strong>fluss <strong>in</strong> der neuen Weltordnung,<br />

Berl<strong>in</strong> Verlag 2008.) Unter solch e<strong>in</strong>er Perspektive ist der Nahe und Mittlere<br />

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