Revolution in Nordafrika? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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<strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Nordafrika</strong>?<br />
tion“, das heißt e<strong>in</strong> „starkes und wohlhabendes Land“ zu werden, das <strong>in</strong> der Welt<br />
des 21. Jahrhunderts „Erstes unter Gleichen“ se<strong>in</strong> soll. Die <strong>in</strong>ternationale Politik, die<br />
Ch<strong>in</strong>a heute mit diesem Ziel betreibt, orientiert sich allerd<strong>in</strong>gs an den bestehenden<br />
Machtverhältnissen. Als <strong>in</strong>tegrierter Teil des kapitalistischen Weltsystems seit Anfang<br />
dieses Jahrhunderts ist Ch<strong>in</strong>a an dessen optimaler Ausnutzung <strong>in</strong>teressiert,<br />
nicht se<strong>in</strong>er Überw<strong>in</strong>dung. Reformen der wirtschaftlichen und politischen Weltordnung<br />
sollen den Interessen Ch<strong>in</strong>as, se<strong>in</strong>er eigenen beschleunigten Entwicklung nutzen<br />
und die Entwicklungsmöglichkeiten der Länder des Südens <strong>in</strong>sgesamt begünstigen.<br />
In diesem S<strong>in</strong>ne betreibt Ch<strong>in</strong>a e<strong>in</strong>e pragmatische, nationalistische Politik der<br />
„Zurückhaltung“. Hier heißt „Zurückhaltung“, ernste Konflikte mit den anderen<br />
Großmächten, vor allem den USA, unbed<strong>in</strong>gt zu vermeiden, so sie nicht die Souveränität<br />
und die territoriale Integrität Ch<strong>in</strong>as selbst berühren. (Das heißt Ch<strong>in</strong>a g<strong>in</strong>g<br />
offensichtlich davon aus, dass die Intervention <strong>in</strong> Libyen e<strong>in</strong> Projekt ist, das vorrangig<br />
durch die USA betrieben wurde, und hatte Frankreich und Großbritannien als<br />
eigenständige Akteure nicht unbed<strong>in</strong>gt im Blick. Ob e<strong>in</strong>e Kenntnisnahme der tatsächlichen<br />
Lage ggf. zu e<strong>in</strong>em anderen Abstimmungsverhalten geführt hätte, lässt<br />
sich im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> allerd<strong>in</strong>gs nicht rekonstruieren.) E<strong>in</strong>e Politik des „Friedens, der<br />
Entwicklung und der Zusammenarbeit“ soll e<strong>in</strong>e „W<strong>in</strong>-W<strong>in</strong>“-Konstellation bewirken,<br />
<strong>in</strong> der Ch<strong>in</strong>a für die eigene Entwicklung von den Entwicklungen <strong>in</strong> der Welt profitiert<br />
und umgekehrt die Welt von der Entwicklung Ch<strong>in</strong>as.<br />
Der Dom<strong>in</strong>anz des Nationalen im Innern entspricht e<strong>in</strong>e national orientierte Politik<br />
nach außen. Die Auswirkungen dieser Politik waren trotz allem jedoch immer differenziert<br />
zu sehen. Ch<strong>in</strong>a wandte sich gegen die von Wash<strong>in</strong>gton geführten Kriege.<br />
Es trat bislang stets für e<strong>in</strong>e friedliche Lösung von Konflikten und für das Recht der<br />
Völker e<strong>in</strong>, sich ihre eigene Gesellschaftsordnung und ihren eigenen Entwicklungsweg<br />
selbst zu wählen. Die Gleichberechtigung aller Länder und Völker, vor allem<br />
der Entwicklungsländer, bei der Behandlung <strong>in</strong>ternationaler Probleme war immer<br />
e<strong>in</strong>e der Hauptforderungen Beij<strong>in</strong>gs. Unbestreitbar ist auch, dass die Wirtschafts-<br />
und Handelspolitik Ch<strong>in</strong>as darauf zielt, dass sich die Entwicklungsländer von den<br />
Fesseln der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds lösen und Grundlagen<br />
für ihre eigenständige Entwicklung schaffen.<br />
Es ist ke<strong>in</strong> Ende <strong>in</strong> Sicht, und die Situation schlägt um <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e humanitäre Katastrophe<br />
mit weitreichenden Konsequenzen. Nach Wochen an- und abnehmender Feuere<strong>in</strong>sätze<br />
sche<strong>in</strong>t der Libysche Konflikt auf e<strong>in</strong> Patt h<strong>in</strong>auszulaufen. Die westlichen<br />
Verbündeten haben angenommen, sie könnten <strong>in</strong>tervenieren und Libyens Herrscher<br />
Muammar al-Gaddafi mit Luftschlägen aus dem Amt jagen. Aber selbst mit der Unterstützung<br />
der alliierten Bombardements zeigen sich die Rebellenkräfte außerstande,<br />
e<strong>in</strong>e Überlegenheit über die Regierungstruppen zu erlangen. Angesichts wachsender<br />
ziviler Opfer und e<strong>in</strong>er größer werdenden humanitären Katastrophe haben<br />
die militärischen Operationen des Westens lediglich dazu beigetragen, e<strong>in</strong>igen der<br />
Rebellen vor Augen zu führen, dass die Opposition die nationalen Interessen verraten<br />
hat und von den westlichen Mächten bei der Verfolgung ihrer eigenen Interessen<br />
missbraucht wird...<br />
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