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Revolution in Nordafrika? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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<strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Nordafrika</strong>?<br />

und late<strong>in</strong>amerikanischen Länder, die nicht zu den „neuen Wirtschaftsmächten“<br />

gehören. Und das gilt unabhängig davon, ob es um e<strong>in</strong>e „nachholende Entwicklung“<br />

oder e<strong>in</strong>e solche geht, die den Kriterien e<strong>in</strong>es sozial-ökologischen Umbaus<br />

gerecht wird. Ob die kapitalistische Verfasstheit des Weltsystems dies überhaupt<br />

zulässt, ist e<strong>in</strong>e andere Frage. Wahrsche<strong>in</strong>lich erhöht der Druck <strong>in</strong> Richtung Freiheits-<br />

und Mitwirkungsrechte <strong>in</strong> den Ländern des Südens eher die Tendenz zur globalen<br />

Veränderung oder Abschaffung kapitalistischer Verhältnisse, als dass er sie<br />

stabilisieren würde.<br />

Die De<strong>in</strong>dustrialisierung arabischer Länder wie Ägypten und Irak im Vergleich zum<br />

Höhepunkt der Jahre nationaler Entwicklung, die massenhafte Arbeitslosigkeit gut<br />

ausgebildeter junger Menschen und das Bevölkerungswachstum haben den sozialen<br />

Nährboden für die Umbrüche geschaffen. Der Druck der autoritären Regime<br />

hatte den politischen Nährboden zur Folge. Die <strong>in</strong>ternationale Vernetzung über Internet<br />

– „Generation Facebook“ – tat e<strong>in</strong> Übriges: die jungen Menschen, die die<br />

Demonstrationen auf dem Kairoer Tahrirplatz organisiert und maßgeblich getragen<br />

hatten, wussten sehr genau, wie die Umstürze <strong>in</strong> Serbien gegen Milosevic, <strong>in</strong> Kiew<br />

und <strong>in</strong> Georgien organisiert worden waren. (Auch wenn man weiß, dass dort westliche<br />

Geheimdienste aktiv beteiligt waren, verselbständigen sich doch die Mittel und<br />

Methoden gegenüber ihren ursprünglichen Initiatoren.) Insofern boten die Aufstände<br />

zunächst <strong>in</strong> Tunesien, dann <strong>in</strong> Ägypten die Chance, e<strong>in</strong>en neuen Bewegungsabschnitt<br />

zu eröffnen, <strong>in</strong> dem es im Kern um politische Freiheiten, Demokratie und<br />

Selbstbestimmung sowie um soziale Chancen und e<strong>in</strong>e aktive, erfüllte Lebensperspektive<br />

geht. Das erste richtete sich zunächst gegen die autoritären Herrscher im<br />

eigenen Land. Letzteres ist am Ende nur gegen die Folgen der neoliberalen Öffnung<br />

zu erlangen, was sich ungeachtet der jetzt artikulierten politischen Ziele letztlich gegen<br />

die Verfasstheit der neoliberalen Weltordnung richten muss. In der gegenwärtigen<br />

Phase geht es vor allem um zweierlei, um die Grundlagen e<strong>in</strong>er eigenständigen<br />

wirtschaftlichen und regionalen Entwicklung, die sich nicht weiterh<strong>in</strong> willenlos den<br />

neoliberalen und geopolitischen Anforderungen des Westens beugt, und die Schaffung<br />

solcher politischer Strukturen, die den eigenen Bedürfnissen und dem spezifischen,<br />

vom Islam geprägten kulturellen H<strong>in</strong>tergrund entsprechen. Die Ausbreitung<br />

der Protestwelle <strong>in</strong> andere arabische Länder, schließlich bis Bahre<strong>in</strong> und nach Saudi-Arabien<br />

zeigte, dass es sich hier <strong>in</strong> der Tat um die Eröffnung e<strong>in</strong>er neuen Runde<br />

des Kampfes um Selbständigkeit der arabischen Völker geht.<br />

E<strong>in</strong>e strategische, nicht nur symbolische Verb<strong>in</strong>dung zwischen den Umbrüchen <strong>in</strong><br />

Tunesien und denen <strong>in</strong> Ägypten über e<strong>in</strong>en demokratisch bewegten politischen<br />

Prozess <strong>in</strong> Libyen nach dem Sturz Gaddafis hätte die Sache der arabischen <strong>Revolution</strong><br />

gestärkt und die Bed<strong>in</strong>gungen ihres Weitertreibens verbessert. Der Krieg <strong>in</strong> Libyen<br />

sichert, dass die beiden vere<strong>in</strong>zelt bleiben und erleichtert es, auch die politischen<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzungen <strong>in</strong> beiden Ländern so zu kanalisieren, dass sie den<br />

westlichen Wünschen nach demokratischer Fassade, h<strong>in</strong>ter der die gehabte Eigentums-<br />

und Weltordnung bestehen bleibt, gerecht wird. Es hätte, vom militärischen<br />

Kräfteverhältnis her, auch e<strong>in</strong>e „arabische Lösung“ des Bürgerkriegsproblems <strong>in</strong><br />

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