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Revolution in Nordafrika? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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<strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Nordafrika</strong>?<br />

Wie der Krieg gemacht wurde<br />

Fanden die Demonstrationen gegen das Regime und die Herrschaft Gaddafis zunächst<br />

gleichermaßen im Westen wie im Osten des Landes, <strong>in</strong> Tripolis wie <strong>in</strong> Bengasi<br />

statt, so überwogen <strong>in</strong> Tripolitanien bald die Zustimmungsbekundungen, zum<strong>in</strong>dest<br />

so weit dies anhand von Fernsehbildern ablesbar war. Nachdem Gaddafi<br />

dann befohlen hatte, auf die Demonstrierenden zu schießen, sagte sich auch e<strong>in</strong><br />

Teil der Armee, und zwar der im Osten, von ihm los. Die Demonstranten dort, im<br />

traditionellen Senussi-Land, begannen, die alte Fahne des Königreichs zu schwenken,<br />

während im Westen weiter die vom „<strong>Revolution</strong>sführer“ e<strong>in</strong>geführte grüne<br />

Fahne hoch gehalten wurde. Damit sche<strong>in</strong>t das Land derzeit entlang der alten L<strong>in</strong>ie<br />

zwischen der Kyrenaika und Tripolitanien gespalten zu se<strong>in</strong>. Sowohl der „Nationale<br />

Übergangsrat“ der libyschen Rebellen, der sich Ende Februar <strong>in</strong> Bengasi gebildet<br />

hatte, als auch Gaddafi <strong>in</strong> Tripolis erheben den Anspruch, das ganze Land regieren<br />

und vertreten zu wollen. Letzterer hatte se<strong>in</strong>e Truppen losgeschickt, um bis an die<br />

ägyptische Grenze vorzurücken und die E<strong>in</strong>heit des Landes militärisch zu sichern.<br />

Dabei wurden sie durch den Krieg des Westens aufgehalten. Der Bürgerkrieg und<br />

der Krieg haben zunächst nur erreicht, die traditionelle Spaltung des Landes zu reproduzieren.<br />

Das Kräfteverhältnis schien dabei jedoch lange Zeit so zu se<strong>in</strong>, dass die<br />

Stammesstrukturen im Westen, die augensche<strong>in</strong>lich weiter Gaddafi unterstützten,<br />

sich auf e<strong>in</strong>en beträchtlichen Teil der Bevölkerung stützen konnten – so lange die<br />

Bruchl<strong>in</strong>ien sich auch politisch nach diesen Zugehörigkeiten orientieren – und die<br />

gegen ihn orientierten im Osten auf e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>eren Teil. Das bedeutet, dass Gaddafi<br />

nicht nur wegen se<strong>in</strong>er Streitkräfte e<strong>in</strong> Übergewicht hat, und dieses derzeit nur<br />

durch die westliche Militärmacht aus der Luft kompensiert wird. Ob das auf mittlere<br />

oder längere Sicht ausreicht, ohne dass der Westen auch Bodentruppen e<strong>in</strong>setzt, ist<br />

fraglich.<br />

Jahrzehntelang galt Gaddafi aus Sicht des Westens als Aussätziger der <strong>in</strong>ternationalen<br />

Politik. Er hatte den Westen provoziert, wo immer er konnte. Die ermittelten<br />

Spuren der Verantwortlichen für die Terroranschläge auf e<strong>in</strong>e Diskothek <strong>in</strong> Westberl<strong>in</strong><br />

und gegen e<strong>in</strong> Verkehrsflugzeug, das über Lockerbie <strong>in</strong> Schottland abstürzte, <strong>in</strong><br />

den 1980er Jahren führten zum libyschen Geheimdienst. Nach dem Anschlag auf<br />

die Diskothek bombardierte die US-Luftwaffe 1986 Tripolis und Bengasi, sozusagen<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Akt der Rache. 1993 verhängte der UNO-Sicherheitsrat Sanktionen gegen<br />

Libyen, weil sich Gaddafi weigerte, zwei des Anschlags von Lockerbie Verdächtige<br />

auszuliefern. Im Jahre 1999 lenkte Libyen e<strong>in</strong>, überstellte die Verdächtigen an den<br />

Internationalen Strafgerichtshof und akzeptierte schließlich Entschädigungszahlungen<br />

für die Opfer der Anschläge <strong>in</strong> Höhe von 2,8 Milliarden US-Dollar. Daraufh<strong>in</strong><br />

wurden alle Sanktionen aufgehoben. Nach den Anschlägen vom 11. September<br />

2001 verurteilte Gaddafi die Terroranschläge und akzeptierte e<strong>in</strong> Recht der USA auf<br />

Selbstverteidigung. Im Jahre 2003 erklärte Libyen den Verzicht auf die Entwicklung<br />

von Massenvernichtungswaffen, 2004 wurden Komponenten zerstört, die für den<br />

Bau von Chemiewaffen nutzbar gewesen wären, und die Regierung unterzeichnete<br />

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