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Revolution in Nordafrika? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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<strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Nordafrika</strong>?<br />

derts verläuft nicht „harmonisch“, sondern über e<strong>in</strong>e Abfolge von Kämpfen und<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzungen. Der relative Rückgang des weltpolitischen E<strong>in</strong>flusses der<br />

USA br<strong>in</strong>gt nicht nur Ch<strong>in</strong>a, Indien, Brasilien, Südafrika und Russland auf den Plan,<br />

selbst die alten europäischen Mächte agieren wieder stärker eigenständig und versuchen<br />

<strong>in</strong> ihrem Umfeld geostrategisch Tatsachen auch mit militärischen Mitteln zu<br />

schaffen. Das trifft zunächst auf Frankreich und Großbritannien zu, die diesen Krieg<br />

unbed<strong>in</strong>gt wollten und von denen man zuvor glaubte, sie wären nach der Niederlage<br />

im Suezkrieg 1956 als eigenständige militärisch-politische Akteure abgemeldet.<br />

Viele Beobachter aus dem arabischen Raum hatten den E<strong>in</strong>druck, dieser Krieg sei<br />

e<strong>in</strong>e Neuauflage, gewissermaßen Revanche für 1956. Insofern bietet die von den<br />

USA geforderte Bühne der NATO auch die Möglichkeit, das Gesicht zu wahren,<br />

selbst wenn der Krieg im S<strong>in</strong>ne der Interventionsmächte im Kern scheitert. Da es<br />

die Friedens<strong>in</strong>itiative der Afrikanischen Union gibt, die Unterstützung der BRICS-<br />

Staaten dafür und letztlich der UNO-Sicherheitsrat das Verfahren wieder an sich zu<br />

ziehen vermag, kann man die erfolglose E<strong>in</strong>stellung der Angriffe dann sogar als<br />

Friedenstat verkaufen.<br />

Die Analyse der Positionen der BRICS-Staaten <strong>in</strong> Bezug auf die Entscheidung im<br />

UNO-Sicherheitsrat über die Resolution 1973 und kritischen Stellungnahmen zum<br />

Krieg <strong>in</strong> den Ländern nach dem Beschluss hat <strong>in</strong>teressante Aufschlüsse gegeben.<br />

Der wichtigste ist, dass alle fünf <strong>in</strong> ihrer Entscheidung sich zunächst auf die USA<br />

bezogen und davon ausg<strong>in</strong>gen, dass es deren Position sei, diese Resolution, die den<br />

Krieg ermöglichte, zu beschließen. Südafrika stimmte aus eigenen Gründen für die<br />

Resolution, die anderen vier – und Deutschland – enthielten sich; damit gaben Russland<br />

und Ch<strong>in</strong>a den Weg frei, den sie durch e<strong>in</strong> Veto hätten blockieren können. Der<br />

Übergang bedeutet, dass der Phantomschmerz der Unipolarität noch fortwirkt, und<br />

die BRICS-Staaten <strong>in</strong> weltpolitischen Fragen noch nicht offen und unzweideutig ihre<br />

Interessen vertreten, gegenüber den USA taktieren. Bei Russland kommt h<strong>in</strong>zu,<br />

dass deren „Elite“ sich noch nicht schlüssig ist, ob sie überhaupt alternativ zum<br />

Westen agieren will, oder lieber <strong>in</strong> die „euroatlantische Elite“ kooptiert werden<br />

möchte (was wiederum nicht sie entscheidet, sondern die Kooptierenden). Als klar<br />

war, dass nicht die USA, sondern hauptsächlich die alten europäischen Mächte<br />

agierten, gab es Bedauern, Verärgerung über die eigene Zustimmung, die sich aber<br />

nicht mehr zurückholen ließ. Die geme<strong>in</strong>same Position, nun unter E<strong>in</strong>schluss Südafrikas,<br />

<strong>in</strong> Ha<strong>in</strong>an war die Folge: Kritik am Krieg und geme<strong>in</strong>sames Handeln <strong>in</strong> der<br />

Weltwirtschaft, das wiederum auf e<strong>in</strong>e weitere Schwächung des US-Dollars zielt.<br />

Die BRICS-Staaten stellen nicht nur e<strong>in</strong> wirtschaftliches und politisch-militärisches<br />

Gegengewicht zur nordatlantischen Machtkonfiguration dar, sondern verkörpern<br />

auch e<strong>in</strong> andere Politikkonzept: <strong>in</strong>ternationale Streitfragen <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie nicht mit<br />

militärischen Mitteln zu lösen. Die „harmonische Welt“, die die ch<strong>in</strong>esische Außenpolitik<br />

erstrebt, soll nicht aus Gewalt und Krieg hervorgehen.<br />

Bemerkenswert bei der Entscheidung im UNO-Sicherheitsrat war die Enthaltung<br />

Deutschlands. Der 8. Mai 1945 war der Tag des Sieges der Mächte, die Hitlers<br />

Deutschland besiegten, der Tag der Befreiung des deutschen Volkes und aller Unterworfenen<br />

von der Naziherrschaft und der Tag der Niederlage jener Deutschen,<br />

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