Revolution in Nordafrika? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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<strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Nordafrika</strong>?<br />
chen entwerteten Waren zu ihren alten Nom<strong>in</strong>alwerten kauft.“ (Karl Marx, Kapital<br />
Bd. 3, MEW 25, S. 507.)<br />
Mit der „Bankenrettung“ der vergangenen drei Jahre ist aber genau das getan worden.<br />
Die „systemisch“ wichtigen Banken (nicht alle Banken) wurden gerettet, <strong>in</strong>dem<br />
sie ihr überflüssiges Spekulationskapital nicht abwerten und ausbuchen mussten.<br />
Auch bei der Griechenland- bzw. Irland-Debatte und jetzigen Portugal-Debatte geht<br />
es <strong>in</strong> Deutschland zuvörderst darum, dass die deutschen Banken, die <strong>in</strong> Massen<br />
griechische usw. Staatsanleihen gekauft und gut daran verdient hatten, diese nicht<br />
abwerten müssen, was sie bei e<strong>in</strong>er Umschuldung – wie im Falle Argent<strong>in</strong>iens – tun<br />
müssten. Dann drohe e<strong>in</strong>e neue Bankenkrise, und die Bundesregierung müsste<br />
dann ohneh<strong>in</strong> „helfen“, hieß es, mit e<strong>in</strong>er neuen „Bankenrettung“, und die würde<br />
noch teurer. (Das Gerede, die Banken an kommenden Staatsbankrotten zu beteiligen,<br />
hatte wohl eher e<strong>in</strong>e Alibi-Funktion.) Das Ergebnis ist, dass das Geldvermögen<br />
nicht abgewertet werden musste. Das globale Geldvermögen lag vor etwa dreißig<br />
Jahren nur wenig höher, als das globale Bruttosozialprodukt; es betrug rund zwölf<br />
Billionen Dollar im Vergleich zu etwa zehn. Heute ist es viermal höher: 200 zu 50<br />
Billionen Dollar. Um e<strong>in</strong>en Realz<strong>in</strong>s von e<strong>in</strong>em Prozent auf das globale Geldvermögen<br />
zu zahlen, müssten vier Prozent des globalen Wirtschaftswachstums <strong>in</strong> die Taschen<br />
von Gläubigern umverteilt werden. Die Regierenden haben, anders als nach<br />
1929, <strong>in</strong> der Krise politisch reagiert und den Zusammenbruch des F<strong>in</strong>anzsystems<br />
verh<strong>in</strong>dert. Das Hauptergebnis aber ist, dass sie die Entwertung überschüssigen<br />
Kapitals verh<strong>in</strong>dert bzw. im Gegenteil fiktives Kapital, das durch Kredite auf Kredite<br />
vervielfacht wurde, mit der Bankensanierung <strong>in</strong> Realkapital verwandelt haben. Wäre<br />
die Krise „normal“ verlaufen, wäre aus der „Blase“ die heiße Luft entwichen, e<strong>in</strong>schließlich<br />
der Vernichtung von Anlagen der Geldvermögensbesitzer. So aber wurde<br />
durch die Regierenden die Blase zum Teil mit Substanz gefüllt, und die Steuerzahler<br />
haben zuvor fiktive Ansprüche nun als reale Schulden zu bezahlen. Nachdem<br />
die Banken und F<strong>in</strong>anzgefüge sich wieder berappelt haben, streben sie aggressiv<br />
nach neuen Opfern. Sie beißen <strong>in</strong> die Hände, die sie vor kurzem noch gefüttert haben.<br />
Nachdem bei den überschuldeten Häuslebauern <strong>in</strong> den USA nichts mehr zu<br />
holen ist, wendet sich die Großspekulation den als schwach angesehenen Ländern<br />
der EU zu.<br />
Die Kriege des Westens und die Ause<strong>in</strong>andersetzungen zwischen den Staaten des<br />
Westens s<strong>in</strong>d vom derzeitigen Zustand der westlichen Gesellschaften nicht zu trennen.<br />
Aufschlüsse unter e<strong>in</strong>er deutschen Perspektive bietet der Bericht, den Sozialwissenschaftler<br />
unter der Federführung Wilhelm Heitmeyers Ende 2010 vorgelegt<br />
haben (Deutsche Zustände. Folge 9, Berl<strong>in</strong>: Suhrkamp Verlag 2010). Das ist e<strong>in</strong>e<br />
Langzeitstudie, deren Befunde seit 2002 <strong>in</strong> Folgen – daher jetzt Folge 9 – vorgelegt<br />
werden. Diese hat die Krisenprozesse seit 2008 zum H<strong>in</strong>tergrund. Heitmeyer unterscheidet<br />
vier Stadien: (1) die F<strong>in</strong>anzkrise seit 2008, <strong>in</strong> der die Frage nach den Risiken<br />
des vorherrschenden Systems gestellt war; (2) die Wirtschaftskrise, die die arbeitende<br />
Bevölkerung und die von Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und prekären Arbeitsverhältnissen<br />
Betroffenen zu denen machte, die die Folgen der Risikologiken dieses<br />
Systems zu tragen hatten; (3) die Fiskalkrise mit ihren weitreichenden Folgen für die<br />
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