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Revolution in Nordafrika? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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<strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Nordafrika</strong>?<br />

te benutzt werden, e<strong>in</strong>e Abschaffung bisher geltender Pr<strong>in</strong>zipien des Völkerrechts<br />

zu betreiben und e<strong>in</strong>em Recht des Stärkeren oder der Stärkeren Platz zu schaffen.<br />

Auf jeden Fall ist mit der Resolution 1973 e<strong>in</strong> weiterer Schritt auf diesem Wege gegangen<br />

worden. Der Sicherheitsrat hat die <strong>in</strong>nere Bürgerkriegssituation <strong>in</strong> Libyen zu<br />

e<strong>in</strong>er „Bedrohung des Weltfriedens und der <strong>in</strong>ternationalen Sicherheit“ erklärt,<br />

weshalb er sich zum Tätig-Werden nach Kapitel VII UNO-Charta selbstermächtigt<br />

hat; und dafür hat er die „möglicherweise“ begangenen „Verbrechen gegen die<br />

Menschlichkeit“ als Begründung genommen. Der US-amerikanische Politikwissenschaftler<br />

Edward C. Luck, der als „Sonderberater des UNO-Generalsekretärs“ Ban Ki<br />

Moon gilt und im Generalsekretariat für die „Operationalisierung“ des Resposibility<br />

to Protect-Konzepts zuständig ist, hat dies unverhohlen bestätigt: „Es ist das erste<br />

Mal, dass der Rat entschieden hat, zur Wahrnehmung der Schutzverantwortung<br />

Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII der UN-Charta zu verhängen. Das ist historisch!“<br />

Was den Befund h<strong>in</strong>sichtlich der Begründung anbetrifft, bestätigte er ausdrücklich<br />

das Pr<strong>in</strong>zip der Schuldvermutung: „Es schien (Hervorhebung E.C.) zu<br />

Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu kommen, also zu ausgedehnten und systematischen<br />

Angriffen auf die Bevölkerung mit Wissen der Obrigkeit.“ Wobei diese<br />

Begründung nach Augensche<strong>in</strong> ausdrücklich gewollt ist. Das „Konzept der Schutzverantwortung<br />

beruht auf Vorbeugung. Wir wollen nicht warten, bis sich die Leichen<br />

hoch türmen und wir kl<strong>in</strong>isch feststellen können, was passiert ist, sondern früh<br />

genug e<strong>in</strong>greifen, um Gewalt zu verh<strong>in</strong>dern.“ Luck betont zwar, dass der UNO-<br />

Sicherheitsrat den Schutz der Zivilbevölkerung beschlossen habe und nicht den Regimewechsel,<br />

den Sturz Gaddafis (FAZ, 24. 03. 2011).<br />

Das mag aus UNO-Sicht so se<strong>in</strong>. Dennoch öffnet dieses Grundverständnis die Tür<br />

zu e<strong>in</strong>em weitgehend <strong>in</strong> die Beliebigkeit der großen Mächte gestellten Interventionsrecht.<br />

In Jemen und Syrien wird nicht <strong>in</strong>terveniert, <strong>in</strong> Libyen sehr wohl. In Bahre<strong>in</strong><br />

greift e<strong>in</strong>e äußere Macht militärisch e<strong>in</strong>, ohne dass der UNO-Sicherheitsrat dazu<br />

auch nur e<strong>in</strong> Wort sagt. In der Elfenbe<strong>in</strong>küste wiederum <strong>in</strong>terveniert Frankreich unter<br />

Berufung auf die „<strong>in</strong>ternationale Geme<strong>in</strong>schaft“ und die Beschlusslage <strong>in</strong> Sachen<br />

Libyen. Der Friedensforscher Otfried Nassauer (Berl<strong>in</strong>er Informationszentrum<br />

für Transatlantische Sicherheit – BITS) geht davon aus, dass aus diesem Libyen-<br />

Krieg die beiden vökerrechtlichen Konzepte – das <strong>in</strong> der UNO-Charta verankerte<br />

Grundpr<strong>in</strong>zip der Nichte<strong>in</strong>mischung <strong>in</strong> die <strong>in</strong>neren Angelegenheiten der Staaten und<br />

der das Schutzverantwortung, das <strong>in</strong> der Charta nicht verankert ist, aber <strong>in</strong> den vergangenen<br />

Jahren verstärkt zu benutzen versucht wurde, um sich über das Pr<strong>in</strong>zip<br />

der Nichte<strong>in</strong>mischung h<strong>in</strong>wegzusetzen – geschwächt hervorgehen. „Das ist die eigentliche<br />

politische Niederlage, die am Ende stehen könnte. Das schon existierende<br />

Pr<strong>in</strong>zip wird geschwächt. Das neue wird sich nach dieser Erfahrung wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

nicht mehr so gut durchsetzen lassen, und es wird nicht so stark werden können<br />

wie das alte.“ (Deutsche Welle, 21. 04. 2011)<br />

Re<strong>in</strong>hard Merkel, Rechtsprofessor an der Universität Hamburg, hat darauf bestanden,<br />

dass die „Militär<strong>in</strong>tervention gegen Gaddafi... illegitim“ ist (FAZ, 22. 03. 2011).<br />

Illegitim ist nicht illegal; der Sicherheitsrat hat se<strong>in</strong>er ihm gegebenen Vollmacht ge-<br />

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