Revolution in Nordafrika? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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<strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Nordafrika</strong>?<br />
gespielt. Bei genauerem H<strong>in</strong>sehen erweist sich, dass es <strong>in</strong> Libyen zwei Aufstände<br />
gegeben hat: Zuerst die Demonstrationen junger Menschen und Angehöriger der<br />
Zivilgesellschaft <strong>in</strong> Tripolis und Bengasi mit den Forderungen nach Freiheit, Demokratie<br />
und dem Rücktritt Gaddafis. Das alles war analog den Entwicklungen <strong>in</strong> Tunesien<br />
gegen Ben Ali und <strong>in</strong> Ägypten gegen Mubarak. Dann plötzlich die Erklärung<br />
von Politikern und hohen Militärs <strong>in</strong> Bengasi, dass sie sich von Gaddafi lossagen.<br />
Sche<strong>in</strong>bar war dies e<strong>in</strong>e Reaktion auf den Befehl Gaddafis, auf die Demonstranten<br />
schießen zu lassen. Tatsächlich jedoch war es die Herstellung e<strong>in</strong>er Bastion im Osten<br />
des Landes, unter Ausnutzung alter Rivalitäten zwischen Tripolitanien und der<br />
Cyrenaika. Dieser Regionalaufstand der östlichen Stämme und Bürokratie gegen<br />
Tripolis hat den ersten Aufstand überformt und erstickt. Wenn also die slowenische<br />
Zeitung Delo (s.o.) festgestellt hatte: „Gaddafi ist e<strong>in</strong> willkommener Fe<strong>in</strong>d“ und<br />
schrieb, es sei „eigentlich tragisch, dass die Libyer mit dem Aufstand gegen Alle<strong>in</strong>herrscher<br />
Gaddafi ihren arabischen Brüdern e<strong>in</strong>en schlechten Dienst erwiesen haben“,<br />
so ist das offensichtlich nur die halbe Wahrheit. Die Libyer waren nicht Subjekt<br />
dieser Entscheidung, dieser Dienst war vorbereitet worden, um den sich ausweitenden<br />
Prozess der auf <strong>Revolution</strong> zielenden Umbrüche <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>zufangen<br />
und zu kanalisieren.<br />
Mitte April hatte die Wash<strong>in</strong>gton Post berichtet, dass das amerikanische Außenm<strong>in</strong>isterium<br />
heimlich Gegner des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad f<strong>in</strong>anziert<br />
hat. Das wurde berichtet unter Verweis auf vertrauliche Dokumente, die der Zeitung<br />
von der Enthüllungsplattform Wikileaks zugespielt worden waren. Danach hatte das<br />
State Department m<strong>in</strong>destens sechs Millionen Dollar an syrische Oppositionsgruppen<br />
und an den Fernsehsender Barada-TV gezahlt, der von London aus per Satellit<br />
regierungskritische Nachrichten <strong>in</strong> Syrien verbreitet. Aus den zugänglichen Wikileaks-Dokumenten<br />
g<strong>in</strong>g nicht hervor, ob die f<strong>in</strong>anzielle Unterstützung der syrischen<br />
Opposition andauert, schrieb die Wash<strong>in</strong>gton Post vorsichtshalber (Deutsche Welle,<br />
18. 04. 2011). Es wäre eigenartig und unter Geheimdienstlogik widernatürlich, sollte<br />
dies nicht der Fall se<strong>in</strong>. Syrien also wäre e<strong>in</strong> nächster Kandidat auf der Liste der genehmen<br />
Umstürze oder der der Interventionen, wenn es mit dem Umsturz nicht<br />
klappt – im Unterschied zu den ursprünglich nicht-genehmen Umstürzen <strong>in</strong> Tunesien<br />
und Ägypten. Dann wäre das Mare Nostrum vollendet.<br />
E<strong>in</strong>e der Folgen des Libyen-Krieges ist allerd<strong>in</strong>gs, dass Russland und Ch<strong>in</strong>a im<br />
UNO-Sicherheitsrat e<strong>in</strong>en zweiten derartigen Freibrief für Krieg nicht ausstellen<br />
wollten. Die Krise <strong>in</strong> Syrien sei „ke<strong>in</strong>e Bedrohung für den Frieden und die <strong>in</strong>ternationale<br />
Sicherheit“, sagte der russische stellvertretende UNO-Botschafter Alexander<br />
Pank<strong>in</strong> am 27. April 2011 <strong>in</strong> New York. E<strong>in</strong> militärisches E<strong>in</strong>greifen dagegen könne<br />
„zu e<strong>in</strong>er echten Bedrohung für die regionale Sicherheit“ werden und e<strong>in</strong>en möglichen<br />
Bürgerkrieg auslösen. Russland und Ch<strong>in</strong>a als Ständige Mitglieder des Sicherheitsrates<br />
appellierten stattdessen an Damaskus, die Krise so bald wie möglich<br />
durch Gespräche beizulegen. Der Versuch, Syrien wegen der gewaltsamen Unterdrückung<br />
von Regierungsgegnern zu verurteilen, war zuvor im UNO-Sicherheitsrat<br />
gescheitert. Auch Syriens kle<strong>in</strong>er Nachbar Libanon, derzeit der e<strong>in</strong>zige arabische<br />
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