Revolution in Nordafrika? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Revolution in Nordafrika? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Revolution in Nordafrika? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Nordafrika</strong>?<br />
stückten U-Booten <strong>in</strong> der Lage, auch selbständig Atomschläge zu führen. (Der frühere<br />
französische Präsident Chirac hatte das <strong>in</strong> Bezug auf den Iran auch schon e<strong>in</strong>mal<br />
angedroht.) Inzwischen gibt es weitere Atomwaffenstaaten. Auch militärisch ist<br />
Indien <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>e der großen Mächte. Als Nuklearmacht steht es <strong>in</strong> Konkurrenz<br />
zum ebenfalls nuklearstrategisch gerüsteten Pakistan und es rüstet zugleich<br />
mit Blick auf Ch<strong>in</strong>a; se<strong>in</strong>e Raketen reichen <strong>in</strong>zwischen bis Beij<strong>in</strong>g. Es gibt e<strong>in</strong>e faktische<br />
Atomwaffenkonkurrenz zwischen Indien und Ch<strong>in</strong>a und e<strong>in</strong> def<strong>in</strong>itives Wettrüsten<br />
zwischen Indien und Pakistan – die Vorwarnzeit des möglichen Raketene<strong>in</strong>satzes<br />
zwischen beiden Seiten liegt unter fünf M<strong>in</strong>uten und ist damit ähnlich kurz<br />
wie <strong>in</strong> Europa <strong>in</strong> den 1980er Jahren, nachdem die USA und die Sowjetunion neue<br />
Mittelstreckenraketen stationiert hatten. Als e<strong>in</strong>zige real-existierende Nuklearmacht<br />
mit über die Region h<strong>in</strong>ausreichender Bedeutung im Nahen und Mittleren Osten gilt<br />
Israel, während der Iran eher als virtuelle Atommacht anzusehen ist.<br />
Zunächst bleibt festzuhalten, dass alle fünf Ständigen Mitglieder des UNO-<br />
Sicherheitsrates unter der Voraussetzung agieren, dass sie Atommächte s<strong>in</strong>d und<br />
gegene<strong>in</strong>ander selbst dann nicht Krieg führen könnten, wenn sie es wollten. Die<br />
weltwirtschaftliche Verschiebung nach Asien hat die Chance, für sich genommen<br />
nicht zu größerer globaler Kriegsgefahr zu führen. H<strong>in</strong>zu kommt die Atommacht<br />
Indien, die ebenfalls dabei ist, strategische Relevanz zu erlangen. Die relative<br />
Schwäche Indiens im Vergleich zu Ch<strong>in</strong>a wird durch e<strong>in</strong>e neue Kooperation mit den<br />
USA auszugleichen versucht. Innerhalb der Gruppe der BRICS-Staaten ist Südafrika<br />
das Land, das offensichtlich <strong>in</strong> der Zeit des Apartheid-Regimes ebenfalls eigene<br />
Atomwaffen besessen hatte, die aber wieder abgebaut bzw. beseitigt wurden. In<br />
Brasilien wurde immer mal wieder diskutiert, ob das Land nicht eigene Atomwaffen<br />
entwickeln sollte. Das ist bisher dem Vernehmen nach nicht erfolgt. Damit spielt<br />
<strong>in</strong>nerhalb der BRICS-Gruppe die Frage des Atomwaffenbesitzes offenbar ke<strong>in</strong>e Rolle.<br />
Aber die Gruppe als Ganze handelt unter der Voraussetzung, dass global das<br />
atomare Patt bereits besteht (zwei der potentiellen Gegenmächte und Indien s<strong>in</strong>d<br />
Teil der Gruppe) und sie daher <strong>in</strong> ihrem politischen Handeln durch die Atomwaffen<br />
der nordatlantischen Mächte nicht e<strong>in</strong>geschränkt ist.<br />
Nimmt man die weltwirtschaftliche Verschiebung als die unterste Schicht des derzeitigen<br />
Weltgefüges und die militärisch-strategische Schicht der Kernwaffenpotentiale<br />
als die darüber liegende, so erhebt sich über dieser die der politischmilitärischen,<br />
wirtschaftspolitischen, ideologischen und politisch-diplomatischen<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzungen. Der Libyen-Krieg ist e<strong>in</strong> Punkt der Weltause<strong>in</strong>andersetzungen,<br />
<strong>in</strong> dem alle diese Entwicklungen und Veränderungen zusammengelaufen s<strong>in</strong>d<br />
und von dem sie weiter ausgehen. Das Aufbegehren, e<strong>in</strong>ige sagten e<strong>in</strong>e Zeitlang<br />
„die <strong>Revolution</strong>“ <strong>in</strong> den arabischen Ländern ließ diese kurzzeitig als eigenen Akteur<br />
auf der Bühne der Weltgeschichte des 21. Jahrhunderts auftauchen. Alle großen<br />
Mächte der Welt bezogen sich auf sie. Ob deren Interaktion ihm weitere Spielräume<br />
ermöglicht oder ob der Krieg des Westens diesen Akteur wieder e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den vermag<br />
<strong>in</strong> das Geflecht fremder Interessen, ist noch nicht entschieden.<br />
Versucht man, Schlussfolgerungen aus dem bisherigen Libyen-Krieg zu ziehen, so<br />
ist zunächst zu betonen, der Übergang zu der multipolaren Welt des 21. Jahrhun-<br />
86