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Revolution in Nordafrika? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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<strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Nordafrika</strong>?<br />

desopfer. In letzter Instanz liegt es am zivilgesellschaftlichen Organisationsgrad Gu<strong>in</strong>eas,<br />

dass hier die Transition letztlich erfolgreich verlief.<br />

In Elfenbe<strong>in</strong>küste waren es externe Kräfte, die e<strong>in</strong>e auf e<strong>in</strong>en Wahlprozess reduzierte<br />

Demokratisierung durchdrücken wollten. Dieser beruhte vor allem auf der E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung<br />

der bisherigen Machtpolitiker und Bürgerkriegskämpfer <strong>in</strong> e<strong>in</strong> von außen<br />

kontrolliertes Verfahren. Mit dem Zusammenbruch des Verfahrens war es nicht erstaunlich,<br />

dass das Land wieder <strong>in</strong> den Kriegszustand zurückkehrte. Solche Verfahren<br />

wie <strong>in</strong> Elfenbe<strong>in</strong>küste s<strong>in</strong>d es jedoch bestenfalls, die im Gefolge e<strong>in</strong>er ausländischen<br />

militärischen Intervention e<strong>in</strong>geleitet werden können. Das größte Problem am<br />

militärischen Interventionismus ist, dass er vielleicht relativ rasch e<strong>in</strong>en unerwünschten<br />

Zustand halbwegs beseitigen kann, aber <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>er konstruktiven,<br />

nachhaltigen und von <strong>in</strong>neren Kräften getragenen politischen Lösung den Weg<br />

verbaut und deshalb meist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e dauerhafte Destabilisierung des Landes bzw. der<br />

Region oder e<strong>in</strong> anhaltendes Besatzungsregime mündet.<br />

Selbst wenn „Ruhe und Ordnung“ hergestellt werden, bleibt das Besatzungsregime<br />

und wird sich zum Zweck: Das Amt des Hohen Repräsentanten für Bosnien und<br />

Herzegow<strong>in</strong>a, der ursprünglich vom UNO-Sicherheitsrat [Resolution 1031 vom 15.<br />

Dezember 1995] e<strong>in</strong>gesetzt wurde, seit 2002 recht eigentlich EU-<br />

Sonderbeauftragter für Bosnien und Herzegow<strong>in</strong>a ist, und das faktisch die Kompetenzen<br />

e<strong>in</strong>es britischen Generalgouverneurs <strong>in</strong> den früheren Kolonien hat, wurde<br />

2008 entfristet. Damit waren auch der Militäre<strong>in</strong>satz EUFOR/Althea dort und das<br />

e<strong>in</strong>gesetzte Kolonialregime – bei juristischer Selbständigkeit und Völkerrechtssubjektivität<br />

des Staates Bosnien und Herzegow<strong>in</strong>a – praktisch auf Dauer gestellt.)<br />

Militärischer Interventionismus ist nicht nur moralisch verwerflich und verstößt gegen<br />

das Konzept nationaler Souveränität (das unter <strong>in</strong>terventionistischem Blick als<br />

veraltet gilt), sondern verschlimmert humanitäre Katastrophen oder br<strong>in</strong>gt sie erst<br />

hervor, statt sie zu verh<strong>in</strong>dern. Militärische Interventionen führen <strong>in</strong> der Regel nicht<br />

zu langfristig nachhaltigen Lösungen und haben als politisches Mittel e<strong>in</strong>e nur ger<strong>in</strong>ge<br />

bzw. ke<strong>in</strong>e Leistungsfähigkeit, und das bei hohen Kosten sowohl f<strong>in</strong>anzieller<br />

als auch humanitärer Art.<br />

In ke<strong>in</strong>em Falle br<strong>in</strong>gt die „ultima ratio“ des Militärs e<strong>in</strong>e Lösung – bestenfalls kann<br />

sie Konflikte unterdrücken. Sie ist auch gar nicht die „ultima ratio“, sondern bestenfalls<br />

die „ratio simplissima“, e<strong>in</strong>e Reaktion auf Gewalt mittels noch mehr und besser<br />

ausgestatteter Gewalt, die allerd<strong>in</strong>gs eifersüchtig <strong>in</strong> der Verfügung der großen<br />

Mächte verbleibt. Notwendig wäre aber e<strong>in</strong>e „prima actio“ auf sozialer und ökonomischer<br />

Ebene, die allerd<strong>in</strong>gs E<strong>in</strong>griffe nicht <strong>in</strong> „zerfallenden Staaten“, sondern <strong>in</strong><br />

die Handlungsfreiheit der global players erfordern würde: Handlungsbedarf besteht<br />

nicht auf der Ebene militärischer Gewalt, sondern auf der Ebene der politischen<br />

Steuerung und Kontrolle von Profit<strong>in</strong>teressen und e<strong>in</strong>er an den Bedürfnissen der<br />

Menschen orientierten Entwicklungspolitik.<br />

Werner Ruf (Militär<strong>in</strong>terventionen: verheerend und völkerrechtswidrig, <strong>Rosa</strong>-<br />

<strong>Luxemburg</strong>-<strong>Stiftung</strong>, Texte 61, Berl<strong>in</strong>: Karl Dietz Verlag 2009)<br />

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