Revolution in Nordafrika? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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<strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Nordafrika</strong>?<br />
arabischen Welt s<strong>in</strong>d unabhängig gewachsen, und e<strong>in</strong>e ausländische Intervention<br />
würde diese Entwicklung bee<strong>in</strong>flussen und hätte Rückwirkungen auf Libyen und<br />
andere Länder.“ Die brasilianische Regierung, so Viotti, sei nicht davon überzeugt,<br />
dass der E<strong>in</strong>satz von Zwangsmaßnahmen zu e<strong>in</strong>er Beendigung der Gewalt führe<br />
und den Schutz der Zivilbevölkerung garantiere.<br />
In Brasilien selbst wird die Entscheidung sich zu enthalten im Zusammenhang mit<br />
dem gewachsenen E<strong>in</strong>fluss des Landes auf der <strong>in</strong>ternationalen Bühne und der <strong>in</strong>sbesondere<br />
von Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva (Lula) verfolgten Politik e<strong>in</strong>er<br />
Konfliktmediation gesehen. Sie gilt zugleich als weiterer Beleg für die Verfolgung<br />
e<strong>in</strong>er – <strong>in</strong>sbesondere von den USA – unabhängigen Außenpolitik Brasiliens. Die Außenpolitik<br />
Brasiliens könne nicht Maßnahmen unterstützen, die e<strong>in</strong>e militärische<br />
Intervention unter Führung der USA be<strong>in</strong>halten; das widerspräche der Außenpolitik<br />
<strong>in</strong> den acht Jahren der Regierung Lula. Der Journalist Beto Almeida kommentierte:<br />
„Brasilien hat e<strong>in</strong>e Außenpolitik entwickelt, die dem Land weltweit Anerkennung<br />
und Autorität verliehen hat. Das Land kann angesichts der monströsen medialen<br />
und kriegstreiberischen Inszenierung zur Aufrechterhaltung e<strong>in</strong>er neokolonialen Politik<br />
jetzt nicht den Rückzug antreten oder auch nur passiv bleiben.“<br />
Die Diskussion über die Enthaltung wurde nicht losgelöst von den brasilianischen<br />
Bestrebungen geführt, im Rahmen e<strong>in</strong>er UN-Reform e<strong>in</strong>en ständigen Sitz im UNO-<br />
Sicherheitsrat zu erlangen. Der frühere Präsident Lula sagte <strong>in</strong> São Paulo: „Ich glaube,<br />
dass diese Invasionen nur geschehen, weil die Vere<strong>in</strong>ten Nationen geschwächt<br />
s<strong>in</strong>d. Gäbe es dort e<strong>in</strong>e Vertretung, die dem 21. Jahrhundert entspräche und nicht<br />
dem 20., hätte man statt Flugzeugen zum Bombardieren den Generalsekretär zum<br />
Verhandeln geschickt.“<br />
Die Tatsache, dass Obama den Angriffsbefehl ausgerechnet während se<strong>in</strong>es Brasilienbesuches<br />
(und während e<strong>in</strong>es privaten Essens mit Präsident<strong>in</strong> Dilma Rousseff)<br />
gegeben hat, wurde mit Unmut aufgenommen. Dilma habe der Erwartung Obamas,<br />
dass Brasilien diesen Schritt unterstützen würde, mit den Worten „Brasilien ist e<strong>in</strong><br />
friedliches Land, und wir glauben nicht, dass e<strong>in</strong>e militärische Aktion die erwarteten<br />
Wirkungen hat“, e<strong>in</strong>e klare Absage erteilt – so zum<strong>in</strong>dest die brasilianische Presse;<br />
e<strong>in</strong>e offizielle Bestätigung dieser Aussage gab es nicht.<br />
Unmittelbar nach der Abreise Obamas am 21. März hat das Außenm<strong>in</strong>isterium <strong>in</strong><br />
Abstimmung mit dem Präsidialamt e<strong>in</strong>e offizielle Erklärung herausgegeben, <strong>in</strong> der<br />
e<strong>in</strong> schnellstmöglicher Waffenstillstand gefordert wird. Brasilien bekräftigt, so hieß<br />
es weiter, se<strong>in</strong>e Solidarität mit dem libyschen Volk auf der Suche nach mehr Partizipation<br />
an den Entscheidungen über die Zukunft des Landes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Atmosphäre<br />
der Wahrung der Menschenrechte und unterstützt nachdrücklich die Anstrengungen<br />
des Sonderbeauftragten der UN, die Position der Arabischen Liga und die Sonderkomission<br />
der Union afrikanischer Staaten. Der Militäre<strong>in</strong>satz wird <strong>in</strong> dieser Resolution<br />
e<strong>in</strong>deutig zurückgewiesen: Der E<strong>in</strong>satz erreiche das Gegenteil der angestrebten<br />
Ziele, Zivilisten würden nicht geschützt, sondern seien Opfer und würden<br />
getötet. Brasilien bevorzuge e<strong>in</strong>e friedliche Lösung des Konfliktes auf dem Verhandlungswege<br />
und befürchte, dass die Luftangriffe die militärischen Konfrontationen<br />
am Boden verstärken.<br />
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