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Revolution in Nordafrika? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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<strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Nordafrika</strong>?<br />

Sicherheitsrat hat am 28. April 2006 Resolution 1674 zum Thema: „Schutz von Zivilpersonen<br />

<strong>in</strong> bewaffneten Konflikten“ beschlossen. Die Schutzverantwortung obliegt<br />

zunächst dem E<strong>in</strong>zelstaat; er hat die Pflicht, das Wohlergehen der ihm kraft<br />

se<strong>in</strong>er Personal- oder Gebietshoheit unterstellten Bürger zu sichern. Ist jedoch die<br />

Regierung des jeweiligen Staates nicht willens oder fähig, se<strong>in</strong>e Bürger vor schweren<br />

Menschenrechtsverletzungen zu schützen, oder üben Machtorgane dieses Staates<br />

selbst Gewalttaten gegen die Bevölkerung aus, die als Menschenrechtsverletzungen<br />

zu charakterisieren s<strong>in</strong>d – wie es im Falle Libyens festgestellt wurde –, geht<br />

diese Verantwortung auf die „<strong>in</strong>ternationale Staatengeme<strong>in</strong>schaft“, also die Vere<strong>in</strong>ten<br />

Nationen oder andere Staaten bzw. Staatengruppen über, die sich als „<strong>in</strong>ternationale<br />

Staatengeme<strong>in</strong>schaft“ verstehen. Ke<strong>in</strong> Staat soll sich im Falle von gravierenden<br />

Menschenrechtsverletzungen, wie Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen<br />

gegen die Menschlichkeit oder ethnischen Säuberungen auf se<strong>in</strong> Souveränitätsrecht<br />

berufen können. Diese Menschenrechtsverletzungen sollen e<strong>in</strong>en so gravierenden<br />

Bruch des Völkerrechts darstellen, dass die Pr<strong>in</strong>zipien der Souveränität und der<br />

Nichte<strong>in</strong>mischung <strong>in</strong> die <strong>in</strong>neren Angelegenheiten anderer Staaten ke<strong>in</strong>e Geltung<br />

mehr haben sollen. Mit den erwähnten Resolutionen (688, 794, 940) ergibt sich jedoch<br />

ke<strong>in</strong>e L<strong>in</strong>ie, aus der e<strong>in</strong> Gewohnheitsrecht zu „humanitärer Intervention“ abgeleitet<br />

werden könnte, noch kann <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit Resolution 1674 gefolgert werden,<br />

es sei e<strong>in</strong>e zusätzliche Ermächtigung zu e<strong>in</strong>seitigem Handeln erteilt, die jenseits<br />

von Art. 39 und 42 bzw. Art. 51 liegt. Das Gewaltverbot, an das die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Staaten gebunden s<strong>in</strong>d, gilt weiter. Der Sicherheitsrat kann sich allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> diesem<br />

Rahmen ermuntert sehen, über die bisherigen Grenzen der Rechtsanwendung h<strong>in</strong>auszugehen,<br />

wenn er e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>nerstaatlichen Konflikt oder e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nerstaatliche Situation<br />

als Friedensgefährdung ansehen will. Diese Prärogative kann zur Willkür werden,<br />

wenn dem nicht <strong>in</strong>nerhalb des Sicherheitsrates, also durch se<strong>in</strong>e Ständigen<br />

Mitglieder ggf. durch e<strong>in</strong> „Veto“ oder durch e<strong>in</strong>e entsprechende Mehrheit E<strong>in</strong>halt<br />

geboten wird.<br />

Spätestens seit dem Jugoslawienkrieg (1999), bei dem die behaupteten gravierenden<br />

Menschenrechtsverletzungen seitens der jugoslawischen Regierung – die sich<br />

allerd<strong>in</strong>gs im Nachgang vielfach als erheblich übertrieben und zum Teil als Lügen<br />

der kosovo-albanischen Seite, also der anderen Bürgerkriegspartei, erwiesen – als<br />

Kriegsgrund für die Intervention der NATO herhalten mussten, wird diese Debatte<br />

politisch und völkerrechtlich geführt. Im Kern geht es darum, dass das Völkerrecht,<br />

wie es mit der UNO-Charta von 1945 und ihrem Friedensgebot umrissen ist, auf den<br />

Pr<strong>in</strong>zipien der souveränen Gleichheit und der Nichte<strong>in</strong>mischung <strong>in</strong> die <strong>in</strong>neren Angelegenheiten<br />

beruht. Das Argument der Verletzung der „Schutzverantwortung“<br />

macht jedoch e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>mischungs- und Interventionsrecht geltend, das jene Grundpr<strong>in</strong>zipien<br />

auszuhebeln und außer Kraft zu setzen bestrebt ist. Das soll zwar an die<br />

UNO bzw. den UNO-Sicherheitsrat und se<strong>in</strong>e Verfahrensregeln gebunden se<strong>in</strong>. Da<br />

Mehrheiten auch dort stets <strong>in</strong>teressengeleitet und politisch s<strong>in</strong>d, können sie natürlich<br />

ggf. beschafft werden. (Ob und <strong>in</strong>wiefern dies bei der Resolution 1973 erfolgt<br />

ist, wird im folgenden näher zu untersuchen se<strong>in</strong>.) Die Resposibility to Protect könn-<br />

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